Eine Riesenschildkröte fliegt durch das All, auf ihrem Rücken stehen vier Elefanten. Auf denen wiederum lastet eine Welt, flach und rund wie eine Scheibe. Völlig absurd? Willkommen auf der Scheibenwelt.
Die Scheibenwelt entstammt den Werken des englischen Fantasyautoren Terry Pratchett. Auf ihr spielt sein 39 Romane umfassendes Hauptwerk. Der Grund warum es sich lohnt über sie zu schreiben ist, dass sie sich von den meisten Fantasiewelten enorm unterscheidet.
Die Hauptpersonen der Romane rekrutieren sich, teilweise, aus einem Satz von Helden und Antihelden, deren Biografien sich in neuen Romanen fortlaufend entwickeln. Nennenswert sind der tollpatschige Zauberer Rincewind, ein wahrer Unglücksrabe, der die verrücktesten Orte der Scheibenwelt kennenlernt. Der Hauptmann der Wache von Ankh-Morpork, ihres Zeichens größte und verkommenste Stadt der Scheibenwelt. Der frühere Alkoholiker wandelt sich zum vorbildlichen Ehemann und Vater dem das Familienleben mehr Rätsel aufgibt als Mörder und Diebe. Und nicht zu vergessen das Hexenduo Nanny Ogg und Oma Wetterwachs. Beide sind völlig verschieden, gemeinsam aber muss sich erst noch eine Bedrohung finden, die sie nicht abwehren können.
Es gibt noch deutlich mehr Haupt- und Nebendarsteller. Doch bei der schieren Flut an Büchern verlangt eine Aufstellung all´ dieser fast nach einem eigenen Buch.
Alleinstellungsmerkmale der Scheibenweltromane sind der Schreibstil des Autors, die absurden Figuren und Orte, sowie vor allem die nahezu perfekte Parodie und Satire. Pratchetts Werke stecken voller Humor -teilweise sehr britischer Natur- und parodieren andere Fantasywerke, Märchen und Literaturklassiker aber auch die gesamte Popkultur und unsere Welt. Kriege, Korruption, Ungerechtigkeit und Gier stehen genauso im Fokus wie das Bankenwesen, die Post, Journalismus, Schauspiel und, naja ein Füllhorn an Themen eben. Diese Abwechslung macht es auch so einfach unter den Werken von der Scheibenwelt ein thematisch ansprechendes zu finden.
Das Bizarre an der Scheibenwelt und der Terry Pratchetts Stil hingegen sind sicherlich nicht für jeden ein Volltreffer. Ein, nur in Kapitälchen, über das Leben sinnierender Tod (dargestellt als klassischer Sensenmann), narzisstische Götter und eine Band namens Rollende Steine sind manchem vielleicht zu ausgefallen. Gewürzt wird das alles mit unzähligen Fußnoten, sprechenden Namen und einer großen Portion Metaebene. Einige Werke die als spannender Krimi begonnen haben, verlieren sich zum Ende hin in Fragen über das Wesen der Gewalt und die Beziehung des Menschen dazu. Der rote Faden verschwindet manchmal zwischen den Zeilen.
Ihn dann aber wieder zu finden, hat sich für mich immer ausgezahlt. Nach jedem Scheibenweltroman fühlte ich mich ein Stück weiser. Auch über die Welt werden ebenso viele Fragen beantwortet wie aufgeworfen. Querverweise zwischen den Werken und persönliche Entwicklungen aller Figuren belohnen mich dafür ein Buch nach dem anderen verschlungen zu haben. Es ist so viel angenehmer einer Fantasyserie zu folgen, die ständig erweitert wird und einen nicht über Jahre dazu zwingt wüste Spekulationen darüber anzustellen, welcher Charakter überleben, sterben oder triumphieren wird. In der Scheibenwelt hat jeder eine Rolle zu spielen. Zu beurteilen wer am Ende gut oder böse ist, fällt selten leicht.
Terry Pratchetts Werke wurden auf verschiedene Weisen rezipiert, so beispielsweise in Zeichentrickserien und Verfilmungen.