Im Studium eignen wir uns viel theoretisches Wissen an. Wie es ist, in einem Beruf zu arbeiten, erfahren wir aber eigentlich erst, wenn wir ein gutes Praktikum machen. Eine Übersicht über Richtlinien und rechtliche Grundlagen sowie Tipps für Praktikanten und Links zu Beratungsstellen.
Laut einer HISBUS-Umfrage aus dem Jahr 2006 absolvieren nur 55 Prozent der Studierenden ein Praktikum. Woran das liegt? Viele Studenten müssen neben dem Studium noch arbeiten oder haben einen strengen Studienplan. Da erscheint es fast unmöglich, ein freiwilliges Praktikum zu realisieren. Denn es gibt ja auch noch das Praktikum, das ist in der Studienordnung vorgeschrieben ist. Doch was ist mit der Vergütung? 68 Prozent der Praktikanten erhalten keinen Cent für ihren Einsatz.
Freiwillig oder Pflicht
Ungefähr drei Viertel der studentischen Praktika sind Pflichtpraktika, nur 26 Prozent werden freiwillig angetreten. Bei den vorgeschriebenen Praktika, die oft mehrere Monate dauern, sind bestimmte Richtlinien in der jeweiligen Studienordnung festgelegt. Die Studenten schließen mit den Unternehmen einen Praktikumsvertrag ab und sichern sich so ihre Rechte auf ein sinnvolles Praktikum, das bestimmte Ausbildungsinhalte aufgreift.
Die Gründe für Praktika sind ziemlich selbstverständlich: den Berufsalltag kennenlernen, Studiengebiete vertiefen oder in einem bestimmten Unternehmen Fuß fassen. Denn praktische Erfahrungen werden in jeder Bewerbung gern gesehen.
Kaffee kochen oder Ausbildungscharakter
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Ministerium für Bildung und Forschung haben Zweck, Ziel und Regeln eines Praktikums festgelegt. Demnach soll ein Praktikum praktische Kenntnisse vermitteln und in betrieblicher Zusammenarbeit entstehen. Es gehört eine persönliche Betreuung und Anleitung dazu, sowie ein festgelegter Ablauf. Der Ausbildungscharakter (§26) und der Vergütungsanspruch (§17) sind im Berufsbildungsgesetz festgelegt.
Die Ergebnisse der Umfrage „Generation Praktikum 2011“ von der Hans-Böckler-Stiftung waren mitunter sehr beunruhigend. 64 Prozent der Befragten gaben an, dass sie als Praktikant vollwertige Arbeit leisten mussten und somit kein Ausbildungscharakter gegeben war. Angemessen bezahlt wurden nur 33 Prozent.
Angemessene Vergütung
Pflichtpraktikanten haben keinen gesetzlichen Anspruch auf Vergütung. Freiwillige Praktikanten haben einen Anspruch auf eine angemessen Vergütung (§17 Abs. 1 BBiG). Die Höhe der Vergütung ist nicht festgelegt. Das Bundesinstitut für Berufsbildung gibt allerdings jährlich Richtlinien für Ausbildungsvergütungen heraus, an denen Unternehmen sich orientieren können. Ausgenommen von einer Vergütung sind freiwillige Praktika, die weniger als einen Monat lang sind oder wenn es sich um einen „passiven Betriebsbesuch ohne Einbindung in den Arbeitsprozess“ handelt.
Die HISBUS-Umfrage von 2006 hat ergeben, dass 94 Prozent der Praktikanten weniger als zwei Euro Stundenlohn erhalten. Fraglich bleibt, wie Studenten unter diesen Bedingungen ein Praktikum durchführen können. Wenn man bedenkt, dass die Praktika teilweise auch in anderen Städten stattfinden, kommen zu den Lebenshaltungskosten auch noch Fahrtkosten hinzu.
In den Koalitionsverhandlungen Ende 2013 beschäftigte sich die Politik mit einer Mindestlohnregel. Zuerst wurden Praktikanten zu einer Ausnahme erklärt, dann wurde die Ausnahmeregelung gestrichen, so ein Artikel auf Spiegel Online. Somit bleibt abzuwarten, ob ab 2015 auch Praktikanten mit einem Mindestlohn rechnen können.
Leitfaden faires Praktikum
In der Broschüre „Rechte und Pflichten im Praktikum“ des Deutschen Gewerkschaftsbunds stehen Tipps und Informationen für Studenten und Absolventen, worauf sie bei einem Praktikum achten müssen. An erster Stelle steht eine vertragliche Regelung der Arbeitszeiten und der detaillierten Praktikumsinhalte. Dazu kommt die Festlegung eines konkreten festen Ansprechpartners im Praktikumsbetrieb. Auch die Vergütung sollte hier geklärt werden, je nach Unternehmen gibt es eventuell Tarifverträge oder Regelungen zu Praktikantenlöhne. Der DGB gibt vor, dass die Bezahlung nicht unter 300 Euro im Monat unterschreiten sollte. Ist das Praktikum abgeschlossen, sollte man darauf bestehen, ein Zeugnis zu erhalten. Darin sollten die Tätigkeiten geschildert und Fähigkeiten des Praktikanten bewertet oder zumindest der Zeitraum des Praktikums bescheinigt werden.
Der DGB informiert auch darüber, dass freiwillige Praktikanten einen Urlaubsanspruch haben und Pflichtpraktikanten nicht. Letztere können in Abstimmung mit dem Unternehmen im Praktikumsvertrag eine Urlaubsregelung hinzufügen lassen.
Ansprechpartner
Jeder Fachbereich hat ein eigenes Praktikumsamt bzw. einen Praktikumsbeauftragten, an den man sich wenden kann. In Kiel direkt gibt es den Landesausschuss Studentinnen und Studenten (LASS) in der GEW Schleswig-Holstein als Beratungsstelle für diverse studentische Angelegenheiten.
Generell gibt es aber auch neben den genannten Institutionen, die Informationsmaterial zur Verfügung stellen, weitere Möglichkeiten sich Rat zu holen. Zum Beispiel bietet die DGB-Jugend eine Onlineberatung an, bei der auch bereits gefragte Themen durchsucht werden können. Auf der Seite Mein Praktikum findet ihr zudem Erfahrungsberichte von ehemaligen Praktikanten, die die jeweiligen Unternehmen bewertet haben.
Aber erzählt ihr doch mal: Wie waren eure bisherigen Praktika? Habt ihr überwiegend gute oder schlechte Erfahrungen gemacht?