Kieler Studierende gegen Wendes Bildungsreformen

Waltraud Wende, seit dem 12. Juni 2012 Ministerin für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein, äußerte sich zu dem Urteil bezüglich der Inklusion an Schulen in Schleswig-Holstein

Massiv in der Kritik: Ministerin Waltraud Wara Wende ist jetzt auch den Protesten von Studierenden ausgesetzt. Foto Nawe

Die CAU hat in einer Pressemeldung verkündet, dass jede Zusammenarbeit mit der Universität Flensburg vorerst aufgekündigt wird. Grund sind die geplanten Reformen zur Lehrerbildung der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Waltraud Wende. Doch was genau ist vorgefallen? Und was sagen die Kieler Studenten zu den aktuellen Entwicklungen?

Am 31. März stellte Wende das neue Lehrkräftebildungsgesetz vor, das im kommenden Wintersemester in Kraft treten soll. In diesem Gesetz heißt es unter anderem, dass nun auch in der Universität Flensburg Lehrkräfte für die Sekundarstufe II in mindestens 13 Fächern ausgebildet werden sollen. Bisher wurde diese Ausbildung von der CAU übernommen. Für den geplanten Ausbau soll die Flensburger Uni ab 2019 jährlich 1,35 Mio. Euro erhalten, während der Kieler Standort keine weiteren Zuschüsse erhält.

In einer Pressemitteilung äußerte sich Gerhard Fouquet, Präsident der CAU, empört über den Beschluss. Zwar sei für das Gesetz gemeinsam von den Universitäten und dem Ministerium ein Eckpunktepapier vereinbart worden, nicht jedoch in diesem Umfang. „Über diese Planungen waren wir nicht informiert. Bislang war immer die Rede von sieben Fächern. Eventuell etwas mehr. Eine solche Größenordnung aber werten wir als Versuch, die Existenzfähigkeit unserer Volluniversität auszuhöhlen“, so Fouquet. Weiterhin wird der Ministerin vorgeworfen, dass sie in ihrem Handeln die Uni Flensburg, deren ehemalige Präsidentin Wara Wende ist, bevorzugen würde.

Grüne und SSW begrüßten die Reformen, auch vom Ministerpräsidenten Torsten Albig wird Wende unterstützt. Scharfe Kritik erhielt sie hingegen von der Opposition, bestehend aus CDU und FDP sowie der Piratenpartei. Aber nicht nur in der Politik trifft die Ministerin auf Gegenwind, denn auch bei den Lehramtsstudenten der Uni Kiel finden die Beschlüsse wenig Anklang. Bereits zwei Tage nach Bekanntgabe der neuen Gesetze gründeten drei Lehramtsstudierende die Facebook-Seite Stoppt Wendes Bildungsreform. Eine Betreiberin der Seite ist Kara-Arietta Lissy, die im 4. Semester im Master of Education Geschichte und Französisch studiert und als Fachschaftsvertreterin tätig ist.

„Mich stört an der Bildungsreform in Schleswig-Holstein, dass nichts durchdacht ist. Frau Wende wirft Ideen in den Raum und lässt Schulen, Lehrer und Universitäten bei der Realisierung ihrer, ach, so tollen Pläne allein“, so Lissy. Als Beispiel nennt sie die Einführung des Praxissemesters, das im Grunde zwar eine gute Idee, jedoch ohne landesweites Semesterticket kaum zu finanzieren sei. Da die Schulen in Kieler Nähe nicht die Kapazitäten besitzen, sämtliche Praktikanten aufzunehmen, werden viele Lehrämtler zwischen Wohnort und Schule im Bundesland pendeln müssen: „Studierende haben kein Geld und schon gar nicht für ein zweimonatiges Pendeln zum Praktikumsort. Viele verlieren ihre lebenswichtigen Nebenjobs, weil der Arbeitgeber da nicht mitspielt.“ Auch das Referat Lehramt des AStA kritisiert die Durchführung des Praxissemesters und das Fehlen eines Semestertickets. Betont wird jedoch auch die Wichtigkeit eines diplomatisch geführten Dialogs, der zumindest seitens der CAU fehle.

Doch nicht nur die aktuellen Reformen, sondern auch die Fähigkeiten der Ministerin allgemein werden kritisiert: „Sie ist nicht dialogfähig, obwohl sie dies ja immer wieder anpreist. Als sie im Oktober 2013 bei uns an der Uni war, konnte man live erleben, dass sie mit Kritik nicht umgehen kann und auch keine Lösungsvorschläge für Probleme parat hat. Sie geht dem Dialog mit den Personen, die es am Ende trifft, aus dem Weg,“ erklärt Lissy.

Vielen Personen sprechen die Argumente der drei Studierenden aus der Seele, denn die Facebook-Seite konnte innerhalb von zwei Wochen fast 1000 Anhänger für sich gewinnen. Lukas Lindenberg, ein weiterer Betreiber der Seite und Fachschaftsvertreter des Studienfaches Deutsch, ist von der positiven Resonanz begeistert: „Wir erleben in den letzten Tagen und gerade heute so viel Unterstützung, vielen Dank dafür! Uns erreichen E-Mails aus allen Lagern, sogar sonst eher zurückhaltende Schulleiter machen mit. Unsere Argumente sind sachlich und nachvollziehbar, dem kann sich die Ministerin nicht verschließen!“

Am vergangenen Montag beispielsweise initiierte die Gruppe einen Mailprotest unter dem Titel „Sturm der Entrüstung“, indem sie dazu aufrief, eine Beschwerde-Mail an die Wissenschaftsministerin und an den Ministerpräsidenten zu schreiben. Diesem Aufruf kamen viele Teilnehmer nach. „Allein auf Facebook gaben über 340 Personen an, eine E-Mail schicken zu wollen“, verkündet Lindenberg in einer Pressemitteilung. Über 130 Mail-Kopien wurden den Betreibern der Seite zugesandt, es wird allerdings mit mehr als 250 Mails gerechnet, die das Ministerium erreicht haben müssen.

Wie Wende auf die Proteste der Studierenden reagiert, denen sich unter anderem auch der Philologenverband, die Interessenvertretung der Lehrkräfte Schleswig-Holstein (IVL-SH) und der Schleswig-Holsteinische Elternverein angeschlossen haben, wird sich zeigen. „Diese Mails müssen nun beantwortet werden, sonst würde Frau Wende ihr Gerede von einem offenen Dialog ad absurdum führen“, erklärt Lindenberg.

3 Gedanken zu „Kieler Studierende gegen Wendes Bildungsreformen

  1. Elena

    No offence, aber wenn man über die Position der „Kieler Studierenden“ schreibt, wäre es dann nicht hilfreich, mal ihre gewählte Vertretung zu fragen? Nicht, dass die Meinung von zwei Betreiber_innen einer facebook-Seite nicht auch wichtig wäre, aber bereichern würde es den Artikel schon. Den Kontakt gibt es hier: http://www.asta.uni-kiel.de/de/Kontakt.html

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    1. Holger

      Wenn wir für alles, was wir tun, nur noch irgendwelche „Sprecher“ brauchen und das nicht mehr selbst tun, dann bedarf es solcher Aktionen nicht. Hier ging es um selbstständige Meinungen in mails von diversen Bürgern aus allen Regionen und nicht um eine vorher abgefangene und gefilterte Meinung von „Sprechern“. Gruß Holger J.

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    2. Handrik

      Diese Gruppe hat sich, so wie ich es verstanden habe, ja erst gegründet, weil der AStA untätig ist bzw. in der Öffentlichkeit untätig erscheint. Außerdem kam bei der Podiumsdiskussion gestern heraus, dass beispielsweise das Lehramtsreferat des AStA offensichtlich große Teile des Gesetzes für gut befindet und es schnell umgesetzt haben will. Warum sonst bekam die Gruppe so schnell soviel Zuspruch und sogar von Professorenseite zu hören: „Ich dachte schon ihr Studenten von heute lasst alles mit euch machen.“

      Hier sollte schon die Frage gestellt werden, ob sich die Kieler Lehramtsstudierdenden überhaupt „vertreten“ fühlen. Den Sekundarlehrer, wie er im Gesetz gefordert wird, lehnte gestern ein Großteil des Plenums ab, so war zumindest mein Eindruck. Der AStA wiederum befindet ihn für gut. Eine Entlohnung befindet der AStA in seiner Auswertung der Lehramtsumfrage als realitätsferne Forderung. etc. Ganz allgemein war meine Beobachtung gestern aus dem Plenum, dass der AStA oft das Gesetz gegen ihre eigenen Studierenden im Plenum rechtfertigte. Vertretung sieht doch etwas anders aus. Hierzu würde eventuell eine richtige Umfrage mit neutraler Auswertung unter den Lehramtsstudierenden helfen.

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