Was für ein Theater?!
Die Sportstätten der Uni Kiel werden für die nächsten Wochen zur Theaterbühne. Das interaktive Theaterprojekt vom RADAR.Institut mischt das Kieler Sportforum gewaltig auf.
Burn out – Dope in thematisiert den Erfolgsdruck im Leistungssport und setzt auf eine metaphorische Umsetzung, insbesondere in Bezug auf das in allen Gesellschaftsbereichen immer verbissener werdende Streben nach Anerkennung und Leistung.
Wie werde ich besser als alle anderen, wie schneller, wie stärker?
Eine Frage, die im Mittelpunkt der Aufführung steht. Die Antworten dazu liefern die umfangreichen Interviews im Vorfeld. Die Gespräche mit Profi-Sportlern, Trainern und Funktionären fließen schnurlos in die Dramaturgie ein und verleihen dem Stück Authentizität.
Ob im großen Forum, in der Schwimmhalle oder in den tiefsten Katakomben des Hochschulsport-Trakts, das Stück bedient sich aller Räumlichkeiten der Uni-Sportstätten und schafft so eine ganz neue und surreale Welt.
Die acht Schauspieler aus dem festen Ensemble des Schauspielhauses zu Kiel werden von der freien Schauspieltruppe Lunatiks Produktion aus Berlin unterstützt. Gemeinsam bilden diese das gegründete RADAR.Institut. Die Protagonisten schlüpfen u.a. in die Rollen von Profi-Fußballern, Beachvolleyballerinnen und Schwimmerinnen und zeigen auf, wie schmal der Grat zwischen sauberem Sport und illegalen Substanzen ist.
Das klassische Frontaltheater, das mir am Stück am besten gefiel, fällt ungewöhnlich mager aus. Grob ist das Stück in drei Teile untergliedert. Der erste Part findet mit Audiogeräten während des normalen Sportbetriebs im großen Forum statt. In diese sogenannte Hyperworld wird man von roboterartigen Stewardessen eingewiesen, die nach dem Audiomonolog auch die weitere Führung durch die Szenarien übernehmen.
Die Hyperworld ist eine surreale Welt, in der es möglich ist, Körperelemente zu beliebigen Anlässen zu klonen. Ob man nun schneller oder stärker sein will, alles wäre demnach möglich. Was in der Hyperworld zählt, sind nur einwandfreie Organe, Blut und eine Menge Adrenalin. Ist das alles, was den perfekten Menschen ausmacht?
Der zweite Teil, der sogenannte Blick in die Historie, war mein Lieblingspart, da es weg von den Audiogeräten und hinein ins richtige Schauspiel ging. Die Schauspieler des Schauspielhauses waren sehr überzeugend, und das Zusehen hat in dieser besonderen Kulisse wirklich Spaß gemacht und den Kopf auf das gelenkt, was im Leben wirklich zählt.
Es folgt im dritten und letzten Teil eine Führung in die Arbeitsprozesse der Mitarbeiter der gegenwärtigen Hyperworld – man kann das Ernten von Organen und das Freisetzen frischen Bluts miterleben – teils sehr verstörende und bizarre Bilder in der Schwimmhalle als Szenerie. Weg vom Frontaltheater, schlüpft man in die Rolle des stillen Beobachters. Die Abschlusszenerie überzeugt durch eine atemberaubende Kulisse mit Turnerinnen, Rollschuhakrobatik und allem Drum und Dran. Wahrlich imposant, was man alles aus ein paar Sporthallen machen kann – Bilder für die Ewigkeit.
Alles in allem hat sich der Besuch auf jeden Fall gelohnt, da es ein Schauspiel der ganz besonderen Art war – und das in der Uni. Eigentlich ein Muss für jeden Studenten. Aber macht euch selbst ein Bild. Karten und Informationen erhaltet ihr hier:
http://www.theater-kiel.de/de/radarinstitut/repertoire/projekte/burn-out-dope-in.htm
P.S. Bequemes Schuhwerk und Zwiebel-Look sind meine Geheimtipps!