Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn Erstsemester mit vollen Koffern in Kiel ankommen. Schwierig wird die Situation erst dann, wenn diese Studenten noch nicht einmal eine Wohnung gefunden haben.

Die Neu-Kielerin Hannah (links) macht zu Besuch bei Elena (rechts) die große Surfer-Welle: Couchsurfing.
Doch das Semester beginnt, und Vorlesungen und Seminare warten nicht bis jeder Wohnungslose ein Dach über dem Kopf gefunden hat. Meist weit gereist, stehen die Studienanfänger am Bahnhof. Was nun? Jugendherberge und Hotelzimmer sind auf Dauer ziemlich teuer. In vielen Uni-Städten übernachten die Studenten bei Einheimischen auf dem Sofa. Das Prinzip heißt „Couchsurfing“ und hat weltweit über drei Millionen Mitglieder. Die ersten Tage in einer neuen Stadt auf einem fremden Sofa schlafen, geht das? Ich will es selbst herausfinden und nehme die angehende Masterstudentin Hannah aus Ulm auf meiner Couch auf. Ein Selbstversuch.
Ich bin ziemlich aufgeregt, als es gegen Abend an meiner WG-Haustür klingelt. Wie wird das bis jetzt mir noch völlig fremde Mädchen sein, das ich nun für ein paar Tage in meinem Zimmer schlafen lasse? Bisher hatten wir uns nur E-Mails auf der Couchsurfing-Plattform geschrieben.Was ist, wenn wir uns nichts zu sagen haben und minutenlang anschweigen? Meine Sorgen erweisen sich als völlig unbegründet, als Hannah vor mir steht und genauso nett lächelt wie auf ihrem Profilfoto. Sie hat Wein und Schokolade als Gastgeschenk mitgebracht und erzählt von ihrer Ankunft in Kiel. „Der Döner unten an der Ecke schmeckt sehr gut, den muss ich mir schon mal merken.“
Neugierig kreisen Hannahs Blicke durch die Wohnung. Ich zeige ihr ihren Schlafplatz. Bei Tee und Süßigkeiten sitzen wir auf meinem Sofa. Später erzählt sie mir von ihrer Wohnungssuche in Kiel. Es sei sehr anstrengend gewesen, „knapp acht Stunden Autofahren und danach fünf Wohnungsbesichtigungen im Stundentakt- ich war fix und fertig“, sagt sie. Zudem sei es gar nicht so leicht gewesen ein Hostel in Kiel zu finden: „Viele waren schon ausgebucht. Einmal hatte ein Hostel sogar aus Versehen ein Zimmer doppelt vergeben. „Mitten in der Nacht stand ein Mädchen mit zwei großen Koffern im Zimmer. Genau wie ich kam sie von weiter weg und ist einfach mit all ihren Sachen in den Wohnungskampf losgezogen.“ Die beiden Neu-Kielerinnen rückten zusammen: aus einem Einzelzimmer wurde ein Doppelzimmer.
Irgendwann kam dann doch eine Wohnungszusage für die angehende Ernährungswissenschaftlerin. Die Wohnungsbesichtigung fand per Videokonferenz bei Skype statt. Bis sie diese beziehen kann, dauere es aber noch ein bisschen und sie sei froh, ihre erste Uni-Woche bei mir verbringen zu können. Es musste alles schnell gehen und Hannah hat nur eine kleine Reisetasche mit. Außerdem hat sie ihre Jacke vergessen. Ich leihe ihr eine von mir und warne sie vor dem regnerischen und windigen norddeutschen Wetter: „Es kann ganz schön stürmen.“
Am nächsten Morgen ist der Abschied gehetzt: Hannah muss zu Universität und ich nochmal kurz einkaufen. Abends treffen wir uns zum Cocktails trinken und um uns über unseren Tag auszutauschen. Hannah erzählt begeistert von Begrüßungsgeld, versteckten Cafés auf dem Campus und ihren Eindrücken von Kiel. Am besten gefällt mir ihr offener unverfälschter Blick auf die Stadt. Wer hier länger wohnt, verliert den Blick für das Besondere und gewöhnt sich zu schnell. „Warum sind hier in Kiel an den Fußgängerampeln zwei rote Männchen übereinander und bei Grün nur eins?“, fragt sie mich zum Beispiel.
Mittlerweile freut sich Hannah schon auf ihr Studium an der Christian-Albrechts-Universität und ist froh schon jemanden kennengelernt zu haben in Kiel. Bevor sie endgültig in ihre Wohnung in Kiel einzieht, fährt sie aber nochmal nach Hause: Möbel und Regenjacke holen.
Hallo, ich hätte sogar noch ein Bett frei und möchte auch jemanden aufnehmen. Wo kann ich mich denn hinwenden?
LG Anna
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