Es ist unbestreitbar ein mit Spannung erwarteter Film. „Interstellar“ von Christopher Nolan (Memento, Inception, The Prestige, Batman Trilogy) tritt diesen Erwartungen jetzt gegenüber. Nach Nolans Erfolgen in der Vergangenheit verwundert es nicht, dass es der Science-Fiction-Film mit Leichtigkeit schafft, diese zu erfüllen und Zuschauer sowie Kritiker begeistern kann.
Die Handlung des Films, ohne zu viel davon zu verraten, lässt sich folgendermaßen umreißen: In einer nahen Zukunft haben die Menschen die Erde zugrunde gewirtschaftet. Es scheint zwar, als hätten sie aus ihren Fehlern gelernt und als sei die Menschheit im Begriff, sich neu zu erfinden, aber dafür ist es zu spät. Sandstürme verwüsten das Land, Schädlinge vernichten die Ernte. Hoffnung bietet die Suche nach einer neuen Heimat in den Sternen.
Interstellares Reisen ist Wunschdenken und kaum möglich, wenn da nicht… Nein, so viel werde ich nicht verraten.
Die Handlung entwickelt sich über die ganze Laufzeit des Films (immerhin 168 Minuten) und bleibt dabei fesselnd. Erst zum Ende hin treten einige Längen auf. Jedoch gelingt es dem Film, rund zu bleiben, Fragen aufzuwerfen, aber diese auch zu erklären. Die düstere Stimmung wird durch humorvolle Elemente gelockert. „Interstellar“ präsentiert dem Zuschauer den charmantesten Roboter seit Marvin in „Per Anhalter durch die Galaxis“.
Dabei nimmt Interstellar sich und den Weltraum ernst. Die Geräuschkulisse ist mit „Gravity“ zu vergleichen, Hans Zimmers Soundtrack setzt Akzente, wo sie hingehören, wie seinerzeit in „Inception.“ Außerdem hält der Film stilistisch einige Kunstgriffe und Überraschungen bereit.
Das Kernelement des Films sind seine Figuren. Die Hauptfiguren bleiben überschaubar, die Nebencharaktere tragen diese mit. Die Schauspieler (u.a. Matthew McConaughey, Matt Damon, Michael Caine, Jessica Chastain) leisten sämtlich hervorragende Arbeit, und so kommt beim Zuschauer Mitgefühl auf.
Die einzigen Kritikpunkte sind das etwas in die Länge gezogene Ende und ein Antagonist, der schon früh klar zu Tage liegt und deswegen nicht überraschen kann.
Neben diesen technischen Aspekten weist „Interstellar“ auch eine philosophische Ebene auf. Er macht Abschied, Mut, Neugier, Zaghaftigkeit und vor allem Menschlichkeit und Liebe zum Thema. Einzelne Szenen gehen ans Herz, der ganze Film jedoch lässt den Zuschauer denkend zurück. Es tun sich Parallelen zu Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ auf, und wie dort auch muss man sich am Ende fragen, was man gerade erlebt hat.
Denn das ist der Film: ein Erlebnis. Ein Kinoerlebnis der besonderen Art, aber auch ein Film, der uns daran erinnert, was uns als Menschheit ausmacht. Gerade die Aktualität der Weltraumforschung (z.B. Philae) lässt uns begreifen, dass es in „Interstellar“ um mehr als nur Unterhaltungswert geht. Einfach ansehen und vergessen lässt sich „Interstellar“ nicht.
Jeder, der gerne Science Fiction sieht oder Nolands bisherige Werke schätzt, sollte „Interstellar“ sehen. Doch auch allen anderen sei hiermit dieser Film ans Herz gelegt, der große Chancen hat, bei den Oscars ganz vorne mitzuspielen.
Übrigens: Die wissenschaftlichen Aspekte werden zwar ernst genommen, sind aber nach den Regeln Hollywoods gebeugt. Kurios erscheint mir, dass Warner Bros vorschlagen, „Interstellar“ im Unterricht zu thematisieren. Dahinter lässt sich mehr entgrenztes Marketing vermuten als ein Anspruch auf physikalische Korrektheit des Films.
Wer mehr zum Thema Astrophysik erfahren möchte, dem sei Harald Lesch empfohlen.