
v.l.nr.: Christian Klähn (LAG Kiel), Anne Vormelchert (LAG Kiel), Anne-Sophie Flügge-Munstermann (Campus Grüne), Lasse Petersdotter (Campus Grüne), André Groß (Moderation), Sophia Schiebe (Juso-HSG), Marius Sibbel (Juso-HSG).
Bis zum 23. Juni 2015 dürfen Kieler Studierende der CAU Kiel noch ihre Wahlunterlagen in die Urne werfen. Aber was kann gewählt werden und wer kandidiert überhaupt? Ich habe für den KN-collegeBlog die Podiumsdiskussion der Uni-Wahlen 2015 besucht. Mit einer Wahlbeteiligung von 16-17 Prozent gehören die Kieler Studierenden zum deutschlandweiten Spitzenreiter. Eine themenorientierte Einführung.
Am 09. Juni kamen Vertreterinnen und Vertreter der Liberalen Hochschulgruppe Kiel (LAG Kiel), der Campus Grünen Kiel und der Juso-Hochschulgruppe (Juso-HSG) zusammen, um über Uni relevante Themen zu diskutieren. Fragen kamen direkt aus dem Publikum. Die Fachschaftsliste sagte die Veranstaltung kurzfristig ab. Nicht zur Wahl steht dieses Jahr die Campus Union.
Worum geht’s eigentlich?
Im Prinzip gibt es nicht eine Wahl, sondern zwei Wahlen: für das Studierendenparlament und die Gremien. Jährlich im Juni können die Studierenden Hochschulgruppen wählen, die sich je nach Prozentzahlen auf die 21 verfügbaren Sitze verteilen. Hier sprechen die Parlamentarier über die Verwendung von Geld und wählen den Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (kurz: AStA). Der AStA ist eine Art Exekutive und wird vom Studierendenparlament zusätzlich kontrolliert. Denn zehn Euro des Semesterbeitrags pro Studierenden stehen ihm zur Verfügung. Ein weiterer Teil ist die Fachschaftsvertretung. Hier stehen die Vertreter eines Studienganges zur Wahl, um ihre jeweiligen Interessen zum Ausdruck zu bringen und die Fachschaften zu vernetzen.
Bei den Gremienwahlen wählen die Studis den Senat und die Fakultätskonvente. Der Senat der Uni Kiel besteht aus 23 Vertretern und ist das oberste Gremium der Selbstverwaltung der Hochschule. Hier werden vier Studierende gewählt, die die studentischen Interessen vertreten. Die Fakultätskonvente sind das oberste Gremium der Fakultäten. Auch hier werden studentische Vertreter gewählt, um in Angelegenheiten des jeweiligen Fachbereichs eine Stimme zu haben. Für die Philosophie gibt es dieses Jahr keinen Kandidaten.
LHG Kiel, Campus Grüne, Juso-HSG?
Die Liberale Hochschulgruppe (LHG Kiel) charakterisiert sich als Opposition. Prüfungsregelungen möchten sie auflockern, indem sich Studierende zum Beispiel später für Prüfungen abmelden können. Internationalen Studierenden möchte man das Leben entspannter gestalten und „Chill-out-Areas“ auf dem Campus einrichten lassen.
Die Campus Grüne Kiel ist nach Lasse Petersdotter die „ökologische Alternative auf dem Campus“. Mit der namensähnlichen Partei habe sie nichts zu tun. Zudem spricht sich diese Hochschulgruppe für einen vielfältigen Campus aus.
Die Juso-Hochschulgruppe genoss großen Beifall im Hörsaal. Sophia Schiebe und Marius Sibbel wollen die Anwesenheitspflicht abschaffen und Hausarbeiten abmelden können. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Asylpolitik: Man wolle „geflüchtete Menschen willkommen heißen“.
Wirtschaft und Universität
Wie sehen die Diskutanten eine Drittmittelfinanzierung aus der privaten Wirtschaft für Kieler Forscher? Sophia Schiebe (Juso-HSG) sagte, dass eine freie Forschung nur durch Autonomie garantiert werde. Eine Zusammenarbeit lehne sie nicht ab, fordere aber eine klarere Transparenz.
Die Campus Grüne beurteilt eine praktische Zusammenarbeit als positiv. Kritisch werde es, wenn Unternehmen einen stärkeren Einfluss nehmen als der Landtag. Eine ungleiche Finanzierung entstehe, da die Unternehmen ihren Interessen entsprechend das Geld verteilen würden. Lasse Petersdotter fasst zusammen: „Hochschulfinanzierung aus staatlichen Geldern“.
Die LHG Kiel hält eine konträre Meinung dazu. Es sei Hochmut, die Unternehmen nicht an der Universität zu dulden. Für die Liberalen gebe es kein Problem mit einer finanzierten Kooperation. Wichtiger sei der problemlose Besuch von Lehrveranstaltungen für Studierende. Christian Klähn (LHG Kiel) zieht Bilanz: „Ziel von Wissenschaft kann auch ein wirtschaftliches sein.“
Hochschulfinanzierung
Konsens herrscht beim Thema der Zustände an der CAU Kiel. Die Landesuniversität sei definitiv unterfinanziert. Die einsturzgefährdeten „Anger-Bauten“ sind für die Campus Grüne ein Beispiel für zu wenig Geld in der Bildung. Es müsse darum gehen, die „aktuelle Landesregierung in die Pflicht zu nehmen“ und sie an ihre Wahlversprechen zu erinnern – dies sind die Ankündigungen der ökologischen Hochschulgruppe.
Sophia Schiebe weist daraufhin, dass Dozierende sich wertvolle Zeit nehmen, um Drittmittelanträge auszufüllen. Christian Kähl interveniert: „Gelder hinzugewinnen, aber keine Luftschlösser bauen!“
Frauen an der Hochschule
Anne Vormelchert (LHG Kiel) betont die Freiheit der Frauen. Auf die Stellen für Professuren würden sich weniger Frauen als Männer bewerben, und die Voraussetzungen seien ähnlich wie in der privaten Wirtschaft. Anders betrachtet die Juso-HSG diese Lage. Das Hochschulsystem sei familienunfreundlich, und Marius Sibbel (Juso-HSG) spricht sich für ein besonders vielfältiges Lehrpersonal aus. Die Universität habe „gar kein Geld, um auf die gleichen Voraussetzungen wie in der Wirtschaft zu kommen“. Lasse Petersdotter gibt zu bedenken, dass 70 Prozent aller Mitarbeiter keine Kinder hätten und deswegen Missstände herrschten.
Demokratie ist Diskussion
Demokratie über der Universität Kiel? Welche politische Denkrichtung den Campus für ein Jahr entscheidend beeinflussen wird, liegt in der Hand jeder einzelnen Studentin und jedes einzelnen Studenten. Die Hochschulgruppen schienen mir nicht indifferent, ganz im Gegenteil: Verschiedene, unterschiedliche Ansätze bieten sich an.
Hier ein paar Links für diejenigen, die sich über die anwesenden Hochschulgruppen noch vertiefender informieren möchten: