Seit einem Jahr geben Studierende und junge Absolventen aus Kiel das Magazin Wat nu? heraus. Sie machen auf kreative, nachhaltige und soziale Projekte aus Kiel aufmerksam und geben Anstöße für mehr Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein im Alltag.
„Um nachfolgende Generationen nicht zu gefährden, müssen wir die ökologischen Grenzen des Wirtschaftens erkennen und unsere Lebens- und Konsumgewohnheiten darauf anpassen“, erklärt Sabrina Aust. Sie hat den Kieler Nachhaltigkeitsblog Fördegrün gegründet, organisiert einen Minimalismus-Stammtisch in Kiel und ist Redakteurin bei Wat-nu?. „Jeder Verbraucher kann mit einem bewussten Verhalten ein Zeichen gegen den Massenkonsum und die Wegwerfgesellschaft setzen“, erklärt sie weiter.
Immer neuer, schöner, besser! Wie gerne lässt man sich von Werbespots und neuen Modetrends verführen: Dann wird ein neues Handy gekauft, obwohl das alte noch funktioniert oder leicht repariert werden könnte und es muss unbedingt das modernste Kleidungsstück her, obwohl sich der Schrank Zuhause vor lauter Sachen gar nicht mehr schließen lässt. Heutzutage benötigt es nur wenige Mausklicks – und schon landet eine neue Bestellung im Briefkasten. Wir konsumieren ständig – und am liebsten soll es immer schneller gehen. Manchmal scheint es so, als habe uns der Massenkonsum fest im Griff.
Dabei muss man wissen: Wenn mehr Güter produziert werden, dann werden auch mehr Ressourcen verbraucht; es werden mehr Verpackungen hergestellt und es entsteht mehr Müll. Unsere schnell gefüllten Mülleimer aus dem eigenen Privathaushalt sind hierfür nur ein kleiner Beweis. Ein Großteil des europäischen Elektroschrotts beispielsweise landet in Afrika. Oft sind es Kinder, die die Altgeräte verbrennen, um an die wertvollen Metalle zukommen. Auch unser Plastikmüll hat – sofern es den Weg in die Verbrennungsanlage nicht findet – ein eher trübes Ende: Gemäß dem Bundesumweltamt braucht eine Plastikflasche rund 450 Jahre um sich zu zersetzen. In dem Film Plastic Planet von Werner Boote erklärt der amerikanische Meeresforscher Charles Moore, dass rund sechsmal mehr Plastikteilchen in den Weltmeeren schwimmen als Plankton.
Janina Taigel ist die Ideengeberin des Magazins Wat nu?. Vor zwei Jahren zog sie für ihren Masterstudiengang Sustainability, Society and the Environment nach Kiel und belegte im Rahmen des Studiums den Changemaker-Kurs an der Christian-Albrechts-Universität. Unter der Leitung von Professor Dr. Christoph Corves haben Studierende hier die Möglichkeit eigene Projektideen und -konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Solange die Projekte einen gesellschaftlichen Nutzen haben und sozial und ökologisch nachhaltig sind, können Studierende aller Fachrichtungen an diesem Kurs teilnehmen.
„Als ich hierher kam, habe ich bemerkt, dass es in Kiel schon viele nachhaltige Projekte gibt, aber die Masse der Menschen diese gar nicht gut genug kennt“, erinnert sich Janina Taigel. Zusammen mit ihrem Kommilitonen Hugo van Hove, erstellte sie ein Konzept für ein Nachhaltigkeitsmagazin für Kiel. Ihr Ziel: Umweltfreundliche und nachhaltige Projekte und Initiativen aus der Umgebung sammeln, vorstellen und besser vernetzen. „Ehrlich gesagt hatten Hugo und ich damals überhaupt keine journalistischen Erfahrungen. Aber wir haben’s trotzdem einfach gemacht und ein Magazin auf die Beine gestellt“, erklärt Janina Taigel lachend. „Die Ideen für den plattdeutschen Titel ‚Wat nu?‘ und für die Möwe Theo, die mittlerweile zu unserem Erkennungszeichen geworden ist, kam von unserer Redakteurin Dana Borkowski.“Am Ende des Semesters wurde ihre Arbeit vom dem Ideenwettbewerb YooWeeDoo mit einem Startkapital von 2.000 Euro ausgezeichnet. Mit dieser Förderung konnte das Team ihre erste Ausgabe realisieren. Sie erschien im Oktober 2015 zu dem Thema „Solidarität“. Die zweite Ausgabe wurde von Grüner Strom Label e. V. und der Deutschen Bundestiftung Umwelt unterstützt und erschien im April 2016 zu der Frage: „Woher bekommst du deine Energie?“.
In der letzten Woche veröffentlichte Wat nu? die dritte Ausgabe rund um das Thema „Kreativität“. Porträtiert werden dieses Mal unter anderem Projekte wie Aufleuchten, entzückt, Backen & Schnacken und das Reparatur-Café Gaarden. Das studentische Projekt Aufleuchten baut aus gefundenem Holz und alten Flaschen individuelle Lampen. Das Team von entzückt setzt ein Zeichen gegen die Missstände in der Textilindustrie und näht aus alten Stoffresten neue Unterwäsche. Backen & Schnacken hat vor Kurzem einen großen Lehmofen vor dem Gebäude der Alten Mu gebaut. Hier kann gemeinschaftlich gebackt und geschnackt werden. Der Ofen steht jedem zur kostenlosen Nutzung zu Verfügung. Vier Mal im Jahr können Besucher in das Reparatur-Café Gaarden kommen und ihre kaputten Geräte ehrenamtlichen Handwerkern und Tüftlern zeigen. Wie das im Reparatur-Café genau funktioniert, hat Wat nu? in einer Fotostory zusammengefasst. Ebenso in dieser Ausgabe: Ein Gespräch mit Frederik Steinbock über die Geschichte von opencampus.sh und deren praxisnahen Lehrveranstaltungen. Sowie ein Interview mit Heimathafen Herz über das offene Kunstatelier MUSAIK.
Zusammen mit Kulturgrenzenlos feierte Wat nu? am Donnerstag, den 20. Oktober 2016 die druckfrische Ausgabe in der Alten Mu. „Unser Ziel ist es, bei unseren Release-Veranstaltungen Akteure und Kieler zusammen zu bringen. Damit die Leser die Projekte selbst kennenlernen können und die Hürde zur aktiven Teilnahme an den Projekten überwinden“, so Sabrina Aust. Die jetzige Ausgabe wird vom AStA der CAU gefördert. Zurzeit besteht das Redaktionsteam aus sechs ehrenamtlichen Studenten und jungen Absolventen. „Unser Motto heißt: Gemeinsam für ein lebenswertes Kiel“, fasst Janina Taigel zusammen. Das Team freut sich über redaktionelle Unterstützung sowie über Fördermöglichkeiten. Allerdings kann aufgrund fehlender finanzieller Mittel die vierte und nächste Ausgabe noch nicht fest zugesagt werden.
Die Hefte liegen an vielen verschiedenen Orten in Kiel kostenlos zum Mitnehmen aus. Weitere Infos und die kompletten Ausgaben zum Download gibt es auf www.watnu-kiel.de.