Von der Vegetarierin zur Veganerin für einen Tag. Warum? Weil ich erleben möchte, wie es sich auf dem Campus der FH Kiel vegan isst und trinkt. Als Vegetarierin kenne ich die Schwierigkeiten nur zu gut, nicht nur auf dem Campus: Die Essensauswahl ist beschränkt. Oft ist die Wahl schon getroffen, weil nur ein Gericht auf der Karte fleischfrei ist. Wenn es als Vegetarierin schon manchmal schwierig ist, wie ist es dann bloß als Veganerin, wenn also nicht einmal mehr das Käsebrötchen eine Alternative ist? Dazu heute mein Selbstexperiment „Vegan auf dem Campus“.
Um halb zehn auf dem Campus angekommen, führt mich mein erster Weg in das kleine Café Daily Lounge, direkt gegenüber dem Mediengebäude. Café Latte, wie immer. Naja, fast. Diesmal frage ich nach einer veganen Alternative. „Ja klar, Sojamilch?“ So soll es also sein. 30 Cent Aufpreis kostet das. Bei einer erstaunlich milchig schmeckenden Sojalatte starte ich mit einer Kollegin den Tag und bespreche das gleich anstehende Meeting: Wir sind beide Hiwis an der FH.
Später spreche ich mit Nina von der Daily Lounge über ihr Angebot. Neben den von mir getesteten veganen Heißgetränken, gibt es hier auch Fladenbrote oder Ciabattas auf Wunsch vegan. „Die Nachfrage nach veganem Essen ist sehr gering, deswegen bereiten wir es nicht in großen Mengen zu. Bei uns ist der Vorteil, dass wir etwas sofort zubereiten können, wenn etwas nicht da ist“, so Nina. Die Brote werden mit einem veganen Tomatenaufstrich und Antipasti oder Rohkost nach Wunsch belegt.
Leider kann ich die Inhaltsangaben nicht lesen
Endlich richtig wach, geht es für mich weiter zum Meeting. Die Besprechung dauert etwas länger als erwartet. Deswegen bleibt mir vor der Vorlesung keine Zeit für ein größeres Essen. Ich versuche auf dem Weg mein Glück am Snackautomaten im Mediengebäude: Schokolade en masse. Heute aber nicht für mich. Als vermutlich vegane Snacks entdecke ich nur Chips, Studentenfutter und Kaugummi. Hm. Lust auf Studentenfutter habe ich nicht so wirklich. Bei den Chips bin ich mir gar nicht sicher, ob sie überhaupt vegan sind. Die Inhaltsangaben auf der Rückseite kann ich vor dem Erwerb nicht lesen, weil die Tüte sicher hinter dem Glas des Automaten verstaut ist. Die Zeit wird langsam knapp. Also beschließe ich, mit knurrendem Magen in die Vorlesung zu gehen und mir danach etwas Größeres zu holen.
In der Vorlesung hat eine Kommilitonin Weihnachtsplätzchen dabei – mit Ei, schade. Worin überall tierische Produkte enthalten sind, wird mir erst im Verzicht so richtig bewusst. Hungrig und mittlerweile etwas frustriert, harre ich im Seminarraum aus, gehe meine Optionen schon einmal im Kopf durch: Das American Diner im großen Hörsaalgebäude, die Coffee Cloud, die winzige Cafeteria-Nische im kleinen Hörsaalgebäude. Für warmes Essen aus der Mensa ist es nach der Vorlesung schon zu spät.
Alternativen en masse, aber sind sie auch vegan?
Nach Vorlesungsende führt mich mein erster Gang in die kleine Cafeteria. Der dort untergebrachte kleine Verkaufstrakt, bestehend aus einem schmalen Gang mit Snacks und einer Kasse am Ende, hat aber leider schon geschlossen. Also gehe ich eine Adresse weiter ins große Hörsaalgebäude, die Treppe runter ins American Diner. Rote Wände, Menschenmassen. Erst einmal die Lage checken: Vegane Getränke sind absolut kein Problem: Säfte, Wasser, Mate und Co. gibt es kühlschränkeweise. Kaffee kann man sich mit Sojamilch zubereiten – das Kännchen ist allerdings leer. Aber noch einen Kaffee brauche ich sowieso nicht. Lieber etwas Festes. Ein abgepackter Bulgursalat sieht gut aus und ist als vegan deklariert. Auch Nudelsalat und Obstsalat sehen vegan aus, haben jedoch keine entsprechende Kennzeichnung. Vielleicht sind doch tierisches Fett, Käse oder Honig darin versteckt? Die Brötchen, Börekstangen und Pizza sind alle mit Fleisch oder höchstens vegetarisch mit Käse oder Ei. Den Diner-Klassiker Ofenkartoffel gibt es nur mit Sour Cream. Die könnte ich auf Wunsch bestimmt abbestellen, aber etwas Abgepacktes für unterwegs wäre mir dann doch lieber, denn im Diner ist es mir für konzentriertes Arbeiten zu laut. Also setze ich meine Suche mit einer Mate bewaffnet fort.
Als nächstes zieht es mich in die Coffee Cloud am Heikendorfer Weg, wo ich mit Inhaberin Mareike spreche. Ein veganes Angebot gibt es in der Cloud schon länger, sie möchte es aber noch weiter ausbauen. Unter anderem sind vegane Brötchen in Planung. Vegane Getränke, z.B. mit Sojamilch, gibt es auch hier. Sie werden stark nachgefragt, so Mareike. Und wie sieht es mit Essen aus? „Wir haben veganen Couscous da, häufig auch eine vegane Suppe, wenn sie ohne Sahne ist. Manchmal haben wir auch veganen Kuchen“, erzählt Mareike. Der Couscous mit Gemüse im Becher ist doch genau das, was ich gesucht habe! Gut versorgt mache ich mich also auf den Weg in den Arbeitsraum meines Vertrauens, um dort noch ein paar Unterlagen durchzuarbeiten und ein Seminar nachzubereiten.
In der Mensa geht es immer vegan
Auf dem Weg zur Bushaltestelle mache ich schließlich noch einen Schlenker über die Mensa, der Vollständigkeit halber. Für das warme Essen war es mittags ja leider schon zu spät. Der Speiseplan steht noch am Eingang: heute ohne vegane Hauptspeise. Viel habe ich also nicht verpasst. Online schaue ich nach: Vegan in der Mensa? Gibt es! Gestern gab es vegane Paella. Vegane Alternativen sind Pommes und andere Beilagen. Auf Nachfrage in der Küche erklärt man mir, dass es, wenn es kein veganes Gericht gibt, immer eine vegane Tagessuppe gibt. Die Mensa-Pommes können Veganer bedenkenfrei essen: Sie werden mit Pflanzenfett zubereitet, außerdem gibt es eine komplett fleischfreie Fritteuse. Aber in der Mensa gibt es ja nicht nur das warme Essen, sondern auch Cafeteriaprodukte (Couscous, Nudelsalat und Co. wie im Diner) und die Salatbar, an der sich jeder seinen Salat mit Antipasti und anderen Extras nach eigenen Wünschen zusammenstellen kann.
FAZIT
Nach zeitweisen Turbulenzen und Magenknurren ging mein veganer FH-Tag erstaunlich gut über die Bühne. Vegan trinken ist auf dem Campus überhaupt kein Problem: Kaffee mit Sojamilch gibt es überall. Die Auswahl bei veganem Essen ist zwar gering, verhungern muss aber niemand. Auf Nachfrage werden Sonderwünsche gerne erfüllt. Auch Fragen zu Inhaltsstoffen beantworten die Anbieter gerne. Sowohl Studentenwerk als auch private Anbieter erweitern ihr veganes Angebot und stellen sich auf die wachsende Nachfrage ein. Für das vegane Wunschessen muss man manchmal etwas mehr Zeit mitbringen und die Augen offenhalten, aber fündig wird man auf dem Campus auf jeden Fall.