Weihnachtsmärkte sind etwas Besonderes. In der Vorweihnachtszeit sorgen sie für festliche Stimmung: der Duft von gebrannten Mandeln, ein heißer Punsch und die riesige Auswahl an Weihnachtsgeschenken. Doch diese Vorstellung gleicht meist nicht der Realität. Kommen einem bei der Erinnerung an die meisten Weihnachtsmärkte doch eher drängende Massen, die versuchen sich durch Gänge zu schieben, in den Sinn. Diesen Advent wollte ich es daher anders machen und suchte nach kleinen, ungewöhnlichen Weihnachtsmärkten in Kiel.
Ganz nach dem Motto: Tausche konventionell gegen individuell! Nach einer kurzen Recherche entschied ich mich für einen Besuch auf dem Kunsthandwerker-Weihnachtsmarkt in der Pumpe, auf dem Adventsmarkt im Quartier sowie auf dem Alternativen Wintermarkt in der Hansastr.48.
Ein Weihnachtsmarkt mit Tradition
Frohen Mutes machte ich mich am ersten Adventswochenende auf den Weg in die Pumpe zum Kunsthandwerker-Weihnachtsmarkt. Dieser wird seit 1925 von der Kieler Gruppe des Deutschen Verbandes Frau und Kultur e.V. organisiert und ist damit der älteste in Schleswig-Holstein. Begrüßt wurde ich freundlich von zwei Frauen. Hier hatte ich einen Eintritt von zwei Euro zu entrichten. Kein Problem, es ist schließlich für einen guten Zweck! Die Erlöse gehen an karitative, kulturelle und soziale Einrichtungen. „Wir haben unter anderem das Polnische Theater, die Aktion: Kinder ins Theater, das St. Antoniushaus, das Frauenhaus, das Carillon in Kiel und viele weitere Institutionen unterstützt“, so Gudrun Stooß, Vorsitzende der Kieler Gruppe. „Wer dieses Jahr eine Spende erhält, wird von den anwesenden Damen auf unserer Weihnachtsfeier entschieden“, berichtete Frau Stooß weiter.
Drinnen erwartete mich ein Weihnachtsmarkt auf zwei Etagen mit Selbstgemachtem aller Art: Liköre, Schmuck, Mützen. Aber auch Weihnachtsfans wurden nicht enttäuscht. Es gab alles, was das weihnachtliche Herz begehrt. Schon nach einiger Zeit ertappte ich mich beim Stöbern an einem Likörstand: Vielleicht ist ein Geschenk für Oma und Opa dabei? Die Ausstellerin beriet mich ausführlich und ließ mich auch mal kosten. Entschieden! Der Wintertraum-Likör musste mit. Schnell verstand ich einen Gast, der mir berichtete, er komme aufgrund der netten individuellen Beratung der Aussteller und der familiären Atmosphäre immer wieder gerne her.
Auf dem Weg über den Markt, der perfekt in den Charme der Pumpe eingebettet war, beobachtete ich die Gäste und mich ganz genau. Doch keine Spur von Hektik oder Stress zu bemerken! Man ging von einem zum anderen Stand, schaute sich ausführlich um und hatte auch noch Zeit, ein Gespräch mit den Ausstellern zu führen. Nach einer entspannten Runde des Stöberns musste eine Stärkung her. Hier bot sich die Cafeteria an, die wie der gesamte Markt ehrenamtlich organisiert wurde. Ich entschied mich für einen Kakao und eine Waffel und freute mich über die studentenfreundlichen Preise! Mit vollem Magen machte ich mich mit einer besinnlichen Stimmung auf den Weg nach Hause. Hier zog ich mein Fazit und stimmte der Vorsitzenden voll zu: „Wenn Sie einen ruhigen Weihnachtsmarkt in besinnlicher Atmosphäre, ohne Hektik und Beschallung erleben möchten, sind die Besucher bei uns gut aufgehoben. Vielfach bleibt Zeit für Gespräche mit den Ausstellern.“
Ein kreatives Dreigespann
Am 3. Dezember von 10 bis 17 Uhr fand der Adventsmarkt im Quartier statt. Ein Zusammenschluss vom Antiquariat Diderot, abendroth-porzellan und room, drei Geschäften, die sich im Dreieck von Lehmberg, Knooper Weg und Gutenbergstraße befinden. Die drei jungen Existenzgründerinnen führten schon zum dritten Mal den Adventsmarkt gemeinsam durch. „Wir sind drei Mädels, die schöne Sachen machen“, so Daniela Abendroth, Eigentümerin des kleinen geschmackvollen Lädchens abendroth-porzellan.
Doch nicht nur die drei Frauen stellten ihre Läden vor, sie luden sich auch Gäste ein, die ihre Arbeiten präsentierten. Mein erster Weg führte mich zum Antiquariat Diderot, das mich gleich mit dem wohligen Geruch nach Büchern und der weihnachtlichen Dekoration für sich einnahm. Eigentümerin Jasmin Fritz kam sofort auf mich zu, bot Plätzchen und Kaffee an. Die alten Bücher sowie die Gemälde von Silja Gothe sorgten für Gesprächsstoff. Zu Gast bei ihr war Sylvia Blüggel, eine Buchbinderin, die unter anderem selbstgestaltete Weihnachtskarten anbot. Außerdem gibt sie Büchersprechstunden, in denen sie Gästen hilft, alte Buchschätze wieder in einen guten Zustand zu versetzen. Doch nicht nur mit den Ladeninhabern, sondern auch mit anderen Gästen kam ich ins Gespräch. Ein Besucher erzählte mir zum Adventsmarkt im Quartier: „Ich komme gerne her, hier herrscht nicht der normale Rummel. Es ist lokal und etwas Besonderes!“
Zwei Ampeln überquert und schon befand ich mich im kleinen gemütlichen Lädchen abendroth-porzellan. Die quietschtürkise Wand ließ die weiße Porzellanware besonders leuchten. Von Vasen, Schmuck, Christbaumkugeln, Eierbechern und Lampen, bei Daniela Abendroth findet man alles rund um Porzellan. Doch „kein Produkt ist identisch“ erklärte die Porzellandesignerin. All ihre Arbeiten sind individuelle Handarbeiten. Begeistert erklärte sie jedem neugieren Besucher die besondere Art ihrer Herstellung. Zu Gast in dem Laden am Lehmberg waren Inke Kölln und Lina Danklefsen. Inke Kölln stellt Siebdruck-Produkte für Kinder her, vom T-Shirt bis zum Lätzchen mit schönen Aufdrucken, die Grafikdesignerin hat viel im Angebot. Lina Dankfelsen bietet Porzellanobjekte rund ums Meer und mehr.
Wiederum einmal über die Straße betrat ich room, ein geschmackvolles Geschäft mit Designmöbeln und Leuchten im skandinavischen Design. „Jedes Teil hat seine Geschichte“, berichtete Elisabeth Laudien und hatte auch gleich eine zu erzählen. „So eine Leuchte hatte Churchill auch mal in seinem Büro“, sagte die Einrichtungsberaterin. Weiter berichtete sie, dass ihr bei der Auswahl Design und Nachhaltigkeit besonders wichtig seien. Auch wenn nicht jedes Produkt in den studentischen Geldbeutel passt, der Nachmittag im Quartier hatte sich auf jeden Fall gelohnt! Kleine Anekdoten und Wissenswertes nahm ich gerne bei einem Kaffee und Plätzchen mit.
Veganer Markt der Möglichkeiten
Am 10. Dezember fand mein letzter Besuch ungewöhnlicher Weihnachtsmärkte statt. Definitiv verdient hat sich diese Bezeichnung der Alternative Wintermarkt in der Hansastraße 48, der nun schon zum vierten Mal von Viva con Agua in Kiel organisiert wurde. Der Markt fand im Hinterhof sowie in den Räumen des Kommunikationsvereins hansa48 statt. 19 Aussteller waren in diesem Jahr gekommen. Von Privatperson bis zum lokalen Startup, alles war vertreten.
Aber wer dabei an Weihnachtskonsum dachte, hatte weit gefehlt. Der Markt bietet den exakten Kontrast dazu, denn er ist nachhaltig und er informiert! Erlöse gehen an Viva con Agua. Reichlich Informationen bekommt man an Infoständen. Frei nach dem Motto „Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ gesellte ich mich zum Foodsharing-Stand und ließ mich von drei ehrenamtlichen Mitarbeitern aufklären. Sie boten Lebensmittel zum kostenlosen Mitnehmen an, die noch verzehrbar sind, aber nicht mehr verkauft werden dürfen. Ich nahm dankbar zwei Zitronen mit.
Neben festem Haarshampoo, Zahnbürsten aus Bambus und Sportbeuteln bot der Markt auch eine Vielzahl an veganen Köstlichkeiten. Der vegane Döner vom Veggi-Mobil und der vegane Glühwein taten es mir besonders an. Gestärkt schaute ich mich weiter um und befragte die Organisatoren. Man merkte schnell, die Besonderheit am Markt liegt an den Veranstaltern. Sie stecken viel Herzblut in dieses Event. „Für uns ist es ein extrem schöner Tag, jeder bringt sich ein“, erzählte mir eine der Organisatorinnen. Eine engagierte Studentin fügte hinzu: „Wir sind eine kleine Familie, mein Freundeskreis besteht fast nur aus Viva-con-Agua-Leuten.“ Und dieses Gefühl wurde auch an die Gäste transportiert.
Ab 18 Uhr schlossen die Stände und es wurde Abendprogramm mit Live-Musik, Open Stage und Bingo geboten. Als ein besonderer Programmpunkt galt „Zersteigern und Verstören“; hier konnten Platten aller Art ersteigert werden. Hatte niemand Bedarf, wurden sie zerstört. Der vegane Markt bot also nicht nur etwas für den Veganer, sondern eröffnete allen Besuchern neue Sichtweisen: Viel erfahren, lecker essen und dabei Gutes tun!
Weihnachtsmarkt gut, alles gut
Am Ende meiner Besuche kann ich sagen: Ich wurde belohnt. Ich bin jetzt in besinnlicher Weihnachtsstimmung und das ganz ohne Stress. Manchmal sollte man mit einem offenen Ohr und etwas Neugier ungewöhnliche Wege betreten und wird dann mit mehr als nur einem Weihnachtsgeschenk überrascht, nämlich mit neuen Sichtweisen, Wissen und ganz viel Besinnlichkeit. Daher heißt es für mich nächstes Jahr auch wieder: Tausche konventionell gegen individuell!
Sehr gut geschrieben . Tolle Arbeit !
Vielen Dank!Wir freuen uns, dass der Artikel Dir gefällt.
Super gemacht ?Schwiegermama