Viele Studenten ziehen zu Beginn ihres Studiums in eine Universitätsstadt. Sie lassen ihre Familie für eine Zeit hinter sich und fangen ein neues Leben an. Über das Pendlerleben zwischen Hörsaal und Heimat haben wir bereits berichtet. Aber wie geht es Studenten, die sich ein neues Leben in Kiel aufgebaut haben? Haben sie manchmal Heimweh? Und was hilft ihnen in solchen Situationen? Die drei Kieler Studentinnen Ira, Christina und Sarah sprachen mit mir über ihre Motivationen, über Probleme und Veränderungen, aber auch wie sie es geschafft haben Kiel zu ihrem zu Hause zu machen.
Ira Rohland: „Ich vermisse dann meine neu gewonnene Heimat Kiel“
Ira Rohland ist 28 Jahre alt und kommt aus Hannover. Hier in Kiel lebt sie in einer WG mit einem Mitbewohner. Ira studiert Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation im vierten Semester an der Fachhochschule Kiel.
Nachdem ich mein Abitur gemacht und eine Weile gearbeitet habe, war ich zunächst in England. Dort habe ich ein Jahr lang studiert und meinen Bachelor in Unternehmensführung gemacht. Durch meine Auslandserfahrung habe ich mich persönlich so stark verändert, dass ich nicht zurück in meine alte Heimat wollte. Ich wollte etwas Neues und neue Menschen sowie eine neue Stadt kennenlernen. Außerdem hat der Studiengang mich sehr angesprochen und auch Kiel mit der Nähe zum Meer hat mich überzeugt. Daher habe ich mich entschieden, hier in Kiel und nicht in Hannover zu studieren.
Ich bin ein Mensch der Veränderungen sehr begrüßt. Es gab daher nichts, dass mich hätte schocken können als ich nach Kiel gekommen bin. Die größten Veränderungen sind generell, wenn man von zu Hause wegzieht, die neue Umgebung, die neuen Menschen und die neuen Mitbewohner. Man muss sich erst mal eingewöhnen und sich seine eigenen Routinen aufbauen. Desweiteren sollte man etwas finden womit man sich wohlfühlt. Das kann man durch Sport, durch Freunde oder Verabredungen schaffen. In einer neuen Stadt sollte man sich informieren und recherchieren, was sich für Möglichkeiten für einen bieten. Es ist wichtig, nicht nur zu Hause zu sitzen und sich zu langweilen.
Bei mir gab es glücklicherweise keine Probleme bei der Eingewöhnung. Durch die Einführungswoche bei der Fachhochschule Kiel habe ich viele Kommilitonen kennengelernt, mit denen ich mich verabredet habe und Kaffee trinken war. So konnte ich die Stadt nicht nur alleine, sondern gemeinsam mit neu gewonnenen Freunden erkunden. Es hat mir außerdem sehr geholfen, dass ich bereits in zwei Wohngemeinschaften in Kiel gewohnt habe. Mit meiner damaligen Mitbewohnerin habe ich viel Freizeit verbracht. Sie hat mich ihren Freunden vorgestellt, so haben sich Verabredungen ergeben. Ich habe mich auch direkt im Fitnessstudio angemeldet und mit dem Tanzen angefangen, dementsprechend konnte ich wiederum neue Menschen kennenlernen. Kiel ist nicht so groß wie andere Städte, trotzdem kann man eine Menge unternehmen.
Auch Heimweh hatte ich weder in Kiel noch in England. Das liegt vor allem daran, dass ich offen und neugierig bin. Jedoch hilft es mir mit der Familie und Freunden zu telefonieren und auch regelmäßig zu Besuch hinzufahren. Heimweh kann man am besten entgegenwirken, indem man sich auf etwas komplett Neues einlässt und sich auch der Stadt gegenüber öffnet. Dann kann Heimweh schlecht aufkommen. Für mich hat das immer ganz gut funktioniert.
Heimat ist dort, wo man sich am wohlsten fühlt.
Heimat verbinde ich nicht mit meiner Geburtsstadt. Heimat ist dort, wo man sich am wohlsten fühlt. Dort wo man sich seine kleine Wohlfühloasen aufbaut, entwickelt sich automatisch das Gefühl von Heimat. In Kiel spüre ich Heimat, wenn ich mit meinen Freunden bei gutem Wetter an der Kiellinie spazieren gehe oder meinen Hobbys nachgehe. Sogar das Wetter in Kiel lernt man zu lieben. Auch das Meer und die Förde haben etwas unglaublich Entspannendes. Das fehlt mir sogar, wenn ich nach Hause fahre und meine Familie besuche. Ich vermisse dann meine neugewonnene Heimat Kiel.
Bei einem Neuanfang Angst zu haben, ist völlig normal. Veränderungen sind nie bequem, aber alles was über diese Komfortzone hinaus geht, verändert dich. Deswegen sollte man sich gegenüber der neuen Stadt, den neuen Menschen und dem Studium öffnen und sich nicht zu Hause verkriechen. Ich empfehle anderen Studis: Sagt zu allem „Ja“ und macht alles mit, was sich euch bietet!
Christina Herrich: „Richtig angekommen bin ich erst durch ein Projekt“
Christina Herrich ist 21 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Dresden. Zu Beginn des Studiums wohnte sie in einem Wohnheim, lebt nun aber in einer 3er-WG. Christina studiert Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation im vierten Semester an der Fachhochschule Kiel.
Ich wollte nach meinem Auslandsjahr in Kanada möglichst weit weg von zu Hause. Mir ist einfach die Decke auf den Kopf gefallen und ich wollte gerne etwas Neues sehen. Außerdem klang der Studiengang sehr überzeugend. So wurde meine Wahlheimat dann Kiel.
Es war zunächst gewöhnungsbedürftig alleine zu wohnen und sich um alles selbst zu kümmern. Meine erste Wohnsituation war zudem eher schwierig. Ich habe in einem Wohnheim gelebt. Dort hatte ich ein möbliertes 10-Quadratmeter- Zimmer und musste mir mit 14 Leuten Küche und Bad teilen. Auch das Studium an sich war etwas ganz Neues. Kiel ist außerdem eine komplett andere Stadt als Dresden.
Mit Hilfe meines Freundeskreises konnte ich mir hier ein komplett neues Leben aufbauen. Richtig angekommen bin ich in Kiel aber erst durch die Mitarbeit beim Projekt Raceyard. Dort kann ich immer mit jemandem sprechen. Wenn ich zu Hause bin und nichts vorhabe, weiß ich, dass ich dort hinfahren kann und immer jemand da ist. Raceyard ist ein sehr starker Bezugspunkt für mich geworden.
Ich fahre mindestens einmal im Monat nach Hause
Ich vermisse meine Familie sehr. Gerade in stressigen Zeiten fehlen sie mir, aber dann fahre ich auch nach Hause. Die Entfernung nach Dresden ist für mich gering. Ich habe das Gefühl für Entfernungen in Kanada verloren. Sechs Stunden sind dort nichts. Daher fahre ich mindestens einmal im Monat nach Hause und besuche meine Familie. Ansonsten heitern meine Freunde und Raceyard mich in solchen Situationen auf. Das Studium verlangt außerdem so viel von mir ab, dass ich darüber gar nicht richtig nachdenken kann.
Heimat spüre ich in Kiel bei Raceyard und bei meinen Freunden. Auch bei Unternehmungen mit meiner Lerngruppe fühlt es sich nach Heimat an.
Mein Tipp für andere Studis: Sei offen für alles, was auf dich zukommt. Man weiß nie hundertprozentig, was einen erwartet. Aber wenn man sich darauf einlässt, wird es meistens gut. Wenn man gerne mit Menschen zusammen ist, empfehle ich jedem bei einem Projekt mitzumachen. So kommt man raus und sieht mal etwas anderes!
Sarah Hoffmann: „Kiel ist mein zu Hause geworden“
Sarah Hoffmann ist 25 Jahre alt. Sie kommt aus einem Dorf bei Celle in Niedersachsen und wohnt seit September 2015 in Kiel. Nach ihrem Umzug lebte sie in einer großen 5er-WG, ist nun aber in eine kleinere Wohngemeinschaft mit einer Freundin gezogen. Sarah studiert Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation im vierten Semester an der Fachhochschule Kiel.
Fernab von meiner Heimat zu studieren lag vor allem an dem angebotenen Studiengang. Dieser wurde in der Art nur hier in Kiel angeboten. Ich habe mich zwar nach ähnlichen Studiengängen umgesehen, aber auch diese waren weit weg von zu Hause. Damit hatte ich auch kein Problem. Für mich war klar, dass ich umziehen muss, wenn ich studieren möchte.
Es war jedoch ungewohnt zum Lernen und nicht zum Arbeiten nach Kiel zu kommen. Auch die Frage nach der Finanzierung war schwierig. Der Umzug kostete viel Geld, sodass meine Ersparnisse weniger wurden.
Meine Vorerfahrung schon einmal alleine gewohnt zu haben hat mir den Einstieg in Kiel sehr erleichtert. Ich knüpfte viele Freundschaften durch meine Wohngemeinschaft mit fünf Mitbewohnern. Auch im Studium lernte ich neue Leute kennen. Durch meine Freunde bin ich zum Sport gekommen. Neben dem Studium spiele ich Handball. Das macht mir sehr viel Spaß und öffnet mir wiederum neue Türen. Ohne diese Verbindungen hätte ich mich nicht so gut in Kiel eingelebt.
Manchmal buche ich auch einfach eine Fahrkarte
Richtiges Heimweh habe ich glücklicherweise nicht. Aber ich merke schon, dass ich nach einer längeren Zeit ohne Familienbesuch mal wieder nach Hause fahren möchte. Dann telefoniere ich mit meinen Eltern oder Großeltern. Manchmal buche ich auch einfach eine Fahrkarte und fahre nach Hause. Schwierig ist es, wenn man bei besonderen Anlässen aufgrund des Studiums nicht da sein kann. Aber das kam zum Glück noch nicht so häufig vor.
Wenn mir meine Familie fehlt, unternehme ich hier in Kiel gerne etwas mit Freunden. Außerdem freue ich mich, wenn meine Mitbewohnerin Julia in solchen Situationen zu Hause ist. Auch sie wohnt etwas weiter weg von ihrer Familie. So kann man sich gegenseitig Mut machen oder etwas in Kiel unternehmen. Besonders gut an Kiel gefällt mir die Nähe zum Strand. Gerade jetzt wenn es wärmer wird, ist das natürlich perfekt.
Heimat ist für mich dort, wo meine Familie ist. Kiel ist aber mein zu Hause geworden, da hier mein Lebensmittelpunkt ist. Ich bin gerne hier und fahre nicht immer nach Hause. Ich genieße hier die Wochenenden alleine mit meinen Freunden. Diese geben mir ein Stück zu Hause.
Ich würde jedem, der zum ersten Mal auszieht, raten sich eine WG zu suchen. Das ist nicht für jedermann etwas, aber mir hat das sehr geholfen. Durch eine Wohngemeinschaft hat man direkt jemanden, an den man sich wenden kann und Fragen wie „Welchen Bus muss ich zur FH nehmen?“ beantwortet werden. Außerdem sollte man sich nicht scheuen, sich ein Hobby zu suchen.