Für viele Lehramtsstudierende liegt das Referendariat gefühlt noch in weiter Ferne. Wenn es dann jedoch plötzlich nach dem Master vor der Tür steht, gibt es viele Fragen zu klären. Deswegen ist es gut, sich rechtzeitig zu informieren und sich um bestimmte Aspekte bereits während des Studiums zu kümmern. Um herauszubekommen, was die wichtigsten Punkte sind, hat sich der CollegeBlog mit Levke Herold, Madeleine Wilkens und Kaj Rood (alle 23) vom Referat für Lehramt des AStA zusammengesetzt – und hält nun eine Checkliste für Euch in den Händen, mit der Ihr für das Referendariat gut gerüstet seid.
CollegeBlog: Was genau erwartet die Studierenden im Referendariat?
AStA: Zunächst müssen sie 10 Stunden in der Woche unterrichten und haben weiterhin Seminare in Pädagogik sowie in ihren jeweiligen Fächern. Die Seminare finden immer mittwochs an Schulen im ganzen Land statt, wo auch Fortbildungen abgehalten werden. In den Seminaren werden Hausarbeiten geschrieben. Pro Fach bekommen die Studierenden Studienleiter zugeteilt, die dann auch die Prüfung abnehmen. Während des Refs sind die Studierenden Teil einer Gruppe, die während des Unterrichts bei den anderen hospitiert und sich gegenseitig Feedback gibt.
Wenn man eine Stunde vorstellt, muss man einen Unterrichtsentwurf anfertigen, meistens auch mit einem Portfolio und einer Begründung, warum welche Didaktik und welche Methoden gewählt wurden. Außerdem muss man sich einen Grundstock an Arbeitsmaterialien aufbauen, weil man komplett bei Null anfängt. Die Vor- und Nachebreitung nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Für die 10 Stunden benötigt man mindestens das Doppelte an Vorbereitungszeit. Die Referendare nehmen auch an den Lehrerkonferenzen, Klassenfahrten und Elternabenden teil, wie vollständig ausgebildete Lehrkräfte.
Insgesamt hat man hat im Referendariat wirklich sehr viel zu tun, darauf sollten sich Studierende einstellen. Das wird eine harte Zeit, in der man für wenig Geld viel arbeitet.
Was sind die größten Sorgen, die die Studierenden in euren Sprechstunden bezüglich des Referendariats haben?
Erstmal natürlich, ob sie einen Platz bekommen. Viele haben generell großen Respekt vor dem Ref. Es ist die härteste Phase in der Ausbildung zum Lehrer; Uni ist nichts dagegen. Außerdem wird man von der Uni nicht darauf vorbereitet, wie man sich versichern muss oder wie die Finanzierung aussieht. Auch rechtliche Fragen werden nicht durchgegangen. Da sind wir vom Referat für Lehramt die einzige Anlaufstelle.
Viele haben auch Angst, nicht richtig auf die Schule vorbereitet zu sein; Stichwort Heterogenität und Inklusion. Durch die Auflösung bestimmter Schulformen kann es passieren, dass man an eine Gemeinschaftsschule kommt, obwohl die Ausbildung auf Gymnasien ausgerichtet ist. Da gibt es auf Seiten der Studierenden einige Vorurteile, aber es sind tatsächlich andere Anforderungen. Ohnehin verändert sich Schule ständig. Beispielsweise sitzen jetzt auch Menschen mit Behinderungen in den Klassen, die Lehramtsstudierenden werden aber nicht sonderpädagogisch ausgebildet.
Wann und wie erfolgt die Anmeldung?
Entweder am 1. Oktober oder am 1. April, je nachdem, wann man anfangen möchte. Bei der Anmeldung im Oktober beginnt das Referendariat im Februar, im April im August. Die Anmeldung erfolgt über das Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH). Natürlich kann die Bewerbung auch in anderen Bundesländern erfolgen, nur in Bayern und Baden-Württemberg wird es durch die unterschiedlichen Systeme schwierig.
Für die einzelnen Landkreise lassen sich Präferenzen angeben, das bietet aber keine Garantie. Die Verteilung ist immer abhängig von den Fächern und vom Schnitt. Besonders gefragt sind meistens die sogenannten MINT-Fächer, also Mathe, Physik, Chemie und Biologie. Religion und Informatik sind zur Zeit auch Mangelfächer. Aber was jetzt Mangelfach ist, muss in vier Jahren keines mehr sein, das lässt sich schwer voraussagen. Klassische Fächerkombinationen wie Deutsch und Geschichte oder Englisch und Sport kommen auch nie aus der Mode, weil natürlich irgendwann Leute mit diesen Kombinationen in Rente gehen. Es ist sowieso das Beste, die Fächer zu studieren, die man wirklich liebt, weil man diese mindestens 30 Jahre unterrichten muss.
Die Fächerkombi und der Schnitt sind auch ausschlaggebend dafür, wie schnell Bewerber einen Platz bekommen. Da kann man sich aber verbessern, wenn man besondere Qualifikationen wie zum Beispiel das DAF-Zertifikat (Deusch als Fremdsprache) hat, Mangelfächer unterrichtet oder schon mal aus Aushilfslehrer gearbeitet hat.
Man muss nicht sofort nach dem Master das Referendariat beginnen, aber wenn man sich angemeldet hat, bekommt man innerhalb von drei Jahren einen Platz. Wenn man möchte, kann man das Ref auch in Teilzeit absolvieren oder verlängern, zum Beispiel, wenn man in dieser Zeit ein Kind bekommt. Den Platz hat man in jedem Fall sicher. Man hat auch die Möglichkeit, den Platz zu verweigern, beispielsweise wenn man einen Ort zugeteilt bekommt, an den man nicht möchte.
Im Referendariat ist man auf Probe verbeamtet, da kann man sich überlegen, ob man sich schon privat versichert. Außerdem muss man sich erkundigen, was die Haftung und das Schulrecht angeht. Wenn man möchte, kann man auch schon in die Gewerkschaft eintreten.
Welche Rolle spielt die Masternote genau?
Da kommt es wieder sehr auf die Fächerkombination an. Um direkt einen Platz in Deutsch zu bekommen, ist zur Zeit ein Schnitt von 1,2 nötig. Aber auch die anderen Möglichkeiten, Punkte zu sammeln, sind wichtig. Dadurch kann man die Chancen immer hochkitzeln. In Schleswig-Holstein hat man allerdings immer innerhalb von drei Jahren Anspruch auf einen Platz. In den anderen Bundesländern sieht das dann nochmal anders aus, da muss man sich jeweils erkundigen.
Was ist für Studierende die größte Umstellung vom Studium aufs Referendariat?
Es gibt den sogenannten Praxisschock, weil die Vorbereitung in der Uni eher theoretisch ausgerichtet ist. Wenn man den ganzen Tag in der Schule ist und mit den Kindern konfrontiert wird, ist das nochmal was anderes. Die Umstellung vom ‚chilligen’ Studentenleben in den Berufsalltag ist auch hart. Da kann man nicht mehr um zehn aufstehen und hat danach nur ein Seminar.
Wie bereitet die Uni die Studierenden auf die Zeit nach dem Master vor?
Aktuell gibt es im Studium nur drei Praktika bestehend aus insgesamt zehn Wochen. Mit dem Praxissemester, das neu eingeführt wird, ändert sich das etwas. Damit wird das Praktikum im Master von vier auf acht Wochen erhöht und in ein Semester eingebettet, das sich nur um die Praktika dreht. Es geht dann nicht nur um eine Unterrichtseinheit, sondern auch darum, Forschungsfragen dazu zu entwickeln, die wissenschaftlich fundiert sind. Das Ganze steht unter dem Dachthema ‚Heterogenität und Inklusion’ und dementsprechend sollen die Forschungsaufträge gestaltet werden. Ein Beispiel wäre, die Wirksamkeit von Methoden zu untersuchen. Es wird einen Pool von Aufgaben geben, aber die Studierenden können sich selbst ein Thema aussuchen. Da befindet sich vieles noch in der Planung, aber das Praktikum soll einen anderen Stellenwert bekommen als bisher.
Wie viel verdienen die Studierenden während des Referendariats?
Sie verdienen netto ungefähr 1000 Euro. Das kratzt sehr am Existenzminimum, da muss man sich vorher genau überlegen, wie das am besten gestemmt wird; also zum Beispiel durch die Unterstützung der Eltern. Die Finanzierung kann demnach ein Problem sein.
Der Zeitaufwand, den man für das Ref veranschlagen muss, lässt keinen Nebenjob zu. Da die Wartezeit auf einen Platz in jedem Fall ein halbes Jahr beträgt, bietet es sich an, in dieser Wartezeit als Aushilfslehrkraft zu arbeiten oder anderweitig zu jobben, um etwas zur Seite zu legen. Aushilfslehrkräfte erhalten genauso viel Geld wie Lehrer in Anstellung, also mehr als im Referendariat. Wenn Studierende es sich erlauben können, im 0. Semester bereits an eine Schule zu gehen, dann sollten sie das machen. Erstens bekommen sie dafür in der Bewerbung Punkte gutgeschrieben und zweitens verdienen sie Geld und können davon etwas beiseite legen. Außerdem ist es eine gute Möglichkeit, sich auf das Referendariat und das Unterrichten vorzubereiten. Wenn man sich schon mit der Unterrichtsgestaltung auskennt, kann man mit einer besseren Note aus dem Referendariat gehen. Die Studierenden können sich dann noch ganz ohne Prüfer ausprobieren und so ihren eigenen Stil entwickeln.
Wie können sich die Referendare Unterrichtsmaterialien zusammenstellen?
Am besten denken die Leute sie sich selbst aus. Es gibt aber auch Verlage, die 50 Prozent für Referendare geben, da kann man sich einen Grundstock zusammenstellen. Das geht allerdings auch sehr ans Geld. In der Uni gibt es in den Bibliotheken ebenfalls Bücher, teilweise existieren speziell auf die Fachpädagogik ausgerichtete Bibliotheken wie das PTI für Religion. Auch die Schulen haben Bücher. Die Referendare sind außerdem nicht allein, sondern können sich immer an ihre Mentoren wenden.
Wenn ihr eine Checkliste für das Referendariat zusammenstellen müsstet, wie sehe diese aus?
Sechs Monate vor dem Ref sollte man einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren. Die Scheine sind zwei Jahre gültig und das Referendariat dauert eineinhalb Jahre. Der AStA bietet diese Kurse an, aber an den Schulen gibt es meistens ebenso Angebote.
Auch um die Haftung, Schulrecht und Versicherung sollten sich Studierende rechtzeitig kümmern, genauso wie um die Finanzierung. Insgesamt ist es wichtig, sich vorher mit dem Thema Referendariat auseinanderzusetzen. Nur wenige Studierende machen sich schon Gedanken und sind dann richtig geschockt, wenn sie davorstehen.
Welche Angebote gibt es von Eurer Seite, die die Studierenden wahrnehmen können?
Dieses Semester hatten wir schon Workshops zum Thema Burnout, Zeitmanagement und sexualisierter Gewalt sowie queere Aufklärung. Wir planen, mehr zum Thema Inklusion zu veranstalten. Bisher gab es immer den Markt der Möglichkeiten, wo es um Optionen nach dem Master geht. Der wird jetzt eingestellt, aber wir arbeiten bereits an einem neuen Format. Unsere Angebote kommen per stu-Mail herum, es lohnt sich also, die Mails nicht direkt zu löschen. Auch auf der Facebook-Seite vom AStA machen wir Werbung.
Neben uns gibt es auch viele andere Stellen, bei denen sich Studierende informieren können, zum Beispiel das Ministerium oder das IQSH bis hin zum Zentrum für Lehrerbildung (ZfL) und PerLe an der Uni. Im Referendariat selbst gibt es als Anlaufstelle die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) oder Vereine wie Petze, die ebenfalls Fortbildungen anbieten. Man kann sich immer von außen Hilfe suchen und ist nicht nur auf die Mentoren angewiesen. In Schleswig-Holstein gibt es keine Fortbildungspflicht, deswegen sollte man das initiativ betreiben.
Habt Ihr noch Fragen?
Für weitere Fragen rund ums Referendariat und das Lehramtsstudium generell stehen Levke, Madeleine und Kaj euch gerne zur Verfügung. Das Lehramtsreferat ist per Mail über lehramt@asta.uni-kiel.de oder über die Telefonnummer 0431/ 8801720 zu erreichen. Die Sprechstunden finden jeden Donnerstag von 10 bis 12 Uhr statt.
gutes, wichtiges Thema – könnte ich die Checkliste, die erwähnt wird, bekommen?
Leider beziehen sich dieses Informationen im speziellen nur auf die Lehrämter im allgemeinbildenden Bereich. Dennoch werden ein paar interessante allgemeingültige Punkte genannt.
Hallo ihr Lieben,
Wenn ich meinen Master abgeschlossen habe und noch nicht ins Ref gehen, sondern zunächst promovieren möchte, gibt es dann Probleme, wenn er ich nach 3 Jahren ins Ref gehe?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Liebe Grüße Rieke
Das ist kein Problem. Das geht problemlos auch sehr viele Jahre nach dem Master
Ich finde euren Artikel nicht gut. Er beleuchtet nur die positiven Seiten. Müller Semester bedeutet, dass man verhindert dass mehr Lehrer angestellt werden. Gäbe es das hüllte Semester nicht, dann müssten mehr Lehrer eingestellt werden. Schön verkauft wird das mit Erfahrung und Punkten. Dass sich aber beim nullten Semester viele Fehler einschleichen, die man dann im Referendariat „loswerden“ muss, das wird hier verschwiegen. Ferner behaupten einige iqsh Vertreter, dass das Referendariat ohne nulltes Semester nnicht machbar sei. Spannender Weise würde aber das Referendariat von 2 Jahren auf 1,5 Jahre verkürzt. Das widerspricht sich ebenfalls.
Der Praxisschock entsteht nicht aufgrund der Schüler oder des frühen Aufstehen! Hiermit bedient ihr ein Klischee, das überhaupt nicht zutreffend ist. Das Problem des Referendariat besteht darin, dass es nichts mit dem eigentlichen Schulalltag zu tun hat, bzw. Dass so genannte Showstunden vom iqsh gesehen werden wollen. Dieser Anspruch, der auf die tatsächliche Unterichtsrealität trifft führt im Referendariat zu Dauerfrustration. Einen eigentlichen Schock gibt es nicht.