An der Uni gibt es viele verschiedene Gremien. Gerade als Neuling verliert man da schnell den Überblick und weiß nicht, an wen man sich bei Problemen wenden soll. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat sich der Collegeblog diesmal mit dem Thema Fachschaft beschäftigt. Die Studierenden Alexander Feuerherdt (33) und Svenja Grap (23) sind beide seit Anfang 2015 in der Fachschaft Soziologie/Politikwissenschaft tätig. Beide erzählen, was ihre Arbeit ausmacht, was eine Fachschaft überhaupt ist und warum sich Studierende unbedingt dort engagieren sollten.
Wie würdet ihr jemandem, der sich an der Uni noch nicht auskennt, erklären was die Fachschaft ist?
Alexander: Die Fachschaft ist eigentlich die Fachschaftsvertretung.* An anderen Unis wird diese häufig Fachschaftsrat genannt. Sie ist die politische Interessenvertretung der Studierendenschaft des jeweiligen Studienganges. Unsere Aufgabe ist zum einen, eine Brücke zwischen den Dozierenden und den Studierenden zu schlagen. Zum anderen setzen wir uns für die Belange und Interessen der Studierenden ein. Zum Beispiel organisieren wir die Erstiwoche, damit die Erstis an der Uni gut ankommen. Dabei beraten wir auch, ob es sinnvoll ist, Veranstaltungen vorzuziehen oder zu schieben. Wir helfen außerdem bei der Fachprüfungsordnung, die manchmal nicht so leicht verständlich ist. Darüber hinaus kümmern wir uns darum, wenn Studierende sich ungerecht behandelt fühlen, sei es durch Dozierende oder Kommilitonen. Da geht es primär um psychische oder strukturelle Gewalt, sprich Diskriminierung.
Svenja: Dann gehören noch Dinge wie die Planung von Veranstaltungen dazu. Wir bieten zum Beispiel „Wie schreibe ich eine Bachelorarbeit?“ an und planen Partys sowie Sommerfeste. Ich habe aber oft den Eindruck, Studierende denken, wir würden uns nur um Partys kümmern. Das finde ich sehr schade, weil Fachschaftsarbeit sehr viel mehr ist.
Wie muss man sich eine Fachschaftssitzung vorstellen?
Svenja: Das ist eine lockere Zusammenkunft von allen Interessierten der Studienfächer, die die Fachschaft vertritt. Es werden dann bestimmte Themen besprochen, die per Mail von Dozierenden oder Studierenden an uns herangetragen werden. Oft planen wir auch das neue Semester. Manchmal kommen zu den Sitzungen Gäste, zum Beispiel vom AStA oder Dozierende.
Alexander: Wir haben immer eine Moderation, also jemanden, der versucht, die Besprechung der Tagesordnung halbwegs effizient zu leiten. Aber wir machen keine strengen Rednerlisten. Es geht nicht darum, politische Reden zu schwingen, denn das ganze ist eher ein lockerer Austausch. Wir kennen uns alle persönlich, deswegen ist das alles nicht zu formell.
Svenja: Was bei unserer Fachschaft besonders ist, ist, dass wir eine offene Fachschaft sind. Das heißt, es können nicht nur die Leute, die offiziell zu Fachschaftsvertretern gewählten wurden, teilnehmen, sondern alle Interessierten. Andere Fachschaften wie Jura handhaben das anders.
Warum sollten Studierende unbedingt Teil der Fachschaft werden?
Svenja: Mir macht es unglaublich Spaß, mich für andere Leute einzusetzen. Dabei ist es egal, ob es um kleine Sachen wie die Überschneidung von Veranstaltungen geht oder um größere Themen. Letztendlich sollen die Leute besser studieren können. Es macht auch Spaß, sich mit anderen Leuten über persönlich wichtige Dinge auszutauschen, weil alle ähnliche Interessen haben.
Alexander: Bei mir steht nicht unbedingt der Spaß im Vordergrund. Es geht darum, sich für Belange von allgemeinem Interesse einzusetzen und sich um Dinge zu kümmern, die problematisch sind. Das kann befriedigend sein, aber auch sehr frustrierenden, insbesondere weil die Fachschaft keine institutionalisierten Rechte hat. Aber klar macht diese Arbeit auch Spaß. Man vernetzt sich innerhalb der Fachschaft und lernt neue Leute kennen. Ich habe hier auch sehr gute Freunde gefunden. Man lernt Leute kennen, die eine ähnliche Einstellung und Interessen haben. Am Politischen völlig desinteressierte Menschen findet man in einer Fachschaft selten.
Svenja: Man kann sich hier auch gut ausprobieren, sei es bei der Organisation von Veranstaltungen oder der Kommunikation. Das passiert alles unter Anleitung von älteren Semestern. Man hat die Möglichkeit, herzukommen und einfach nur zuzuhören, man kann aber auch sofort aktiv werden. Für Studierende, die Bafög beziehen, ist der folgende Punkt interessant: Beim Bafög bekommt man als gewählter Fachschaftsvertreter längere Förderung. Dabei muss man bei den Uniwahlen antreten und gewählt werden. Dann bekommt man pro Jahr aktiver Fachschaftsarbeit ein halbes Jahr längere Förderung über die Regelstudienzeit hinaus.
Hat die Fachschaft rechtlich eine große Handhabe?
Alexander: Das ist ein schwieriges Thema. Viele Studierende haben da eine sehr idealisierte Vorstellung. Die CAU sieht vor, dass ein Fach das Recht hat, eine Vertretung zu gründen. Diese Fachschaft hat allerdings keine Rechte, irgendwas zu machen. Die Dozierenden müssen nicht auf uns hören. Allerdings darf die Fachschaft Vertreter in bestimmte Gremien entsenden. Wir haben in den Gremien aber kein Stimmrecht. Das meiste läuft konsensual ab. Wenn wir im Fachprüfungsausschuss zusammensitzen, liegt das zum großen Teil daran, dass vielen ProfessorInnen die Meinung der Fachschaft wichtig ist. Die Handlungsfähigkeit einer Fachschaft ist also nicht sonderlich institutionalisiert. Wir sind sehr auf Netzwerkarbeit und gute Kommunikation angewiesen.
Was nimmt Eurer Meinung die meiste Zeit bei der Fachschaftsarbeit in Anspruch?
Svenja: Das kommt darauf an, worauf man als Fachschaft den Fokus legt. Viele veranstalten große Partys und ich nehme an, dass das viel organisatorischen Aufwand mit sich bringt. Was ich seit ein paar Jahren mitorganisiere, sind die Studieninformationstage. Das nimmt viel Zeit in Anspruch, weil man sich früh darum kümmern muss: Einen Stand organisieren, Poster gestalten, Infomaterial zusammentragen.
Alexander: Für mich ist es die Gremienarbeit. Wir sitzen beide in der Fachschaftsvertreterkonferenz, in der sich alle Fachschaften der Uni treffen und im Plenum beraten. Darüber hinaus sitze ich im Fachprüfungsausschuss des Instituts, in dem Prüfungsangelegenheiten wie Plagiate besprochen werden. Außerdem bin ich im Gemeinsamen Ausschuss, eine Art Minikonvent, für das Institut. Ansonsten würde ich sagen, dass die Betreuung von Anfragen durch Studierende via Facebook und Mails am meisten Zeit in Anspruch nimmt.
Welchen Erfolg konntet ihr mit der Fachschaft feiern?
Svenja: Ich würde ganz spontan sagen, dass das der nähere Kontakt zu den Dozierenden ist. Wir haben diese öfter zu Sitzungen eingeladen. Außerdem gibt es kleinere Grüppchen von Ansprechpartnern, so dass ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen den Dozierenden und der Fachschaft entstanden ist.
Alexander: Das ist auf jeden Fall eine gute Entwicklung. Ansonsten gibt es noch etwas, was ich nicht als Erfolg betiteln würde, aber wo ich denke, dass wir das größte Unheil abgewandt haben. Das war die Rezertifizierung des Bachelorstudienganges Soziologie. Der drohte, ziemlich schiefzulaufen. Das neue Konzept hätte weder für Studierende noch für Dozierende funktioniert. Da haben wir viel Energie und Arbeit reingesteckt. Die jetzige Rezertifizerung ist das geringste Übel, was dabei rauszuschlagen war und dabei hat die Fachschaft den maßgeblichen Teil getragen.
Was wünscht ihr Euch in Zukunft für die Fachschaft?
Alexander: Wir haben in der Fachschaft ein chronisches Nachwuchsproblem. Das ist vielleicht auch der Verschulung der Bachelorstudiengänge geschuldet. Die Leute kommen aus der Schule sozusagen wieder in die Schule und haben nie dieses Gefühl von freiem Studium beziehungsweise von Bildung um der eigenen Bildung willen. Ich glaube, dass dadurch sehr in den Hintergrund rückt, sich für Belange von allgemeinem Interesse zu engagieren. Viele wissen auch gar nicht so genau, dass es uns gibt und wir uns um etwas kümmern, was konkrete Auswirkungen auf den Alltag der Studierenden hat.
Svenja: Man bekommt wenig von den anderen Fachschaften mit. Es gibt zwar die Fachschaftsvertreterkonferenz, aber die ist verhältnismäßig schlecht besucht, weil viele Fachschaften zu klein aufgestellt sind. Es wäre deswegen sehr schön, wenn sich noch mehr Studierende engagieren würden. Die Leute, die schon viel zu tun haben, würden dadurch entlastet werden.
*Die Fachschaft sind alle Studierenden eines Faches. Die Fachschaftsvertretung ist jedoch das, was allgemein unter dem Begriff verstanden wird. (Anm. d Red.)