Seit November 2017 präsentiert das Philosophische Seminar der Christian-Albrechts-Universität gemeinsam mit dem Kino in der Pumpe e.V. die Filmreihe „Filmisches Philosophieren“. Nach jedem Spielfilm beleuchtet ein Experte der CAU oder ein eingeladener Gastdozent die philosophisch interessanten Aspekte des Films und lädt das Publikum zur Diskussion ein. Die Idee stammt von Dr. Andrea Klonschinski. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin am Lehrstuhl für Praktische Philosophie. In diesem Gespräch erklärt sie, wie es zu dieser Filmreihe kam und warum es wichtig ist, Philosophie unter die Leute zu bringen.
Frau Dr. Klonschinski, Sie haben das „Filmische Philosophieren“ ins Leben gerufen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Die Idee kam mir schon als Studentin. Damals habe ich den Film „The Dark Knight“ gesehen und war fasziniert, in welche philosophischen Dilemmata sich der Joker und Batman verstricken. Für mich sind Filme dann gut, wenn sie einerseits unterhaltsam sind und andererseits auch eine tiefere Ebene mitbringen und sich bestimmte moralische Theorien oder andere philosophische Probleme daran illustrieren lassen. So ist der Grundgedanke zu dieser Filmreihe entstanden. Umgesetzt habe ich das Projekt bereits 2012 in Regensburg – in meiner Zeit als Doktorandin. Obwohl Regensburg eine recht kleine Stadt ist, gibt es dort eine sehr lebendige Kinoszene. Das Projekt wurde sehr gut angenommen und lief bis 2016 – bis ich nach Kiel gekommen bin. Nun dachte ich mir, es ist an der Zeit, auch hier so etwas auf die Beine zu stellen.
Die Filmabende richten sich nicht nur an Studierende der Philosophie, sondern an alle Interessierte. Was möchten Sie mit diesem Projekt erreichen?
Einerseits bietet diese Filmreihe Dozierenden und Studierenden die Möglichkeit, Philosophie mal anders zu begreifen und aus einer anderen – durchaus unterhaltsamen – Perspektive wahrzunehmen. Andererseits richtet sie sich aber auch ganz bewusst an Nicht-Philosophen. Das Projekt findet aus diesem Grund auch nicht an der Universität, sondern im Kino statt. Es ist mir wichtig, ein breites Publikum zu erreichen und auf diese Weise vielleicht auch Leuten, die bisher noch nicht so viel mit Philosophie zu tun hatten, philosophische Fragen zugänglicher zu machen. Ich habe damit schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Viele Leute diskutieren sehr engagiert mit und interessieren sich für viele Themen – ohne einen akademischen Hintergrund oder Anspruch zu haben. Wir müssen uns ins Bewusstsein rufen, dass philosophische Fragen letztlich Fragen sind, die uns alle angehen – gerade die Fragen der praktischen Philosophie oder der Ethik. Meiner Meinung nach dürfen sich Philosophen und Akademiker nicht in ihren Elfenbeinturm zurückziehen, sondern müssen sich aktiv in öffentliche Debatten einmischen. Es ist unsere Aufgabe zum Nachdenken anzuregen und Probleme aufzuzeigen. Die Filmreihe bietet hier eine Möglichkeit. Sie bringt die Philosophie wieder mehr unter die Leute und fördert damit den Diskurs zwischen Wissenschaft und Gesellschaft.
Inwieweit bereichert das Medium Film die Philosophie?
Ein Film schafft einen emotionalen Zugang. Man liest beispielsweise nicht nur über die Argumente für und gegen Sterbehilfe, sondern man verdrückt vielleicht bei einem Film wie „Das Meer in mir“ auch eine Träne und realisiert dass es sich in den theoretischen Debatten um Schicksale „echter“ Menschen handelt. Ein Film spricht somit viel mehr Sinne und Facetten an und ist uns damit zugänglicher. Ein philosophischer Text kann das nicht leisten. Science-Fiction-Filme sind darüber hinaus hervorragend geeignet, aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen weiter zu denken und dabei grundlegende Fragen danach, wie wir leben wollen und was ein Mensch ist, aufzuwerfen. Hinzu kommt natürlich der Unterhaltungsaspekt, den viele Texte und Seminare nicht unbedingt liefern können.
Wie viel Arbeit steckt hinter dieser Filmreihe?
Ich muss überlegen, welche Referenten zur Verfügung stehen beziehungsweise angefragt werden können. In Regensburg hatte ich beispielsweise immer einen Gastdozenten pro Semester. Dann muss überlegt werden, welche Filme interessant wären. Wenn all das feststeht, rühre ich die Werbetrommel und schreibe Pressemitteilungen und Rundmails. Die Pumpe kümmert sich um das Verteilen von Flyern und Plakaten. Das Schwierigste ist tatsächlich, die „normalen Leute“ zu erreichen. Hier sind wir auf Mundpropaganda und Facebook angewiesen. In der Summe ist es nicht so viel Arbeit, aber es beschäftigt mich schon viel, da es immer präsent ist. Es macht mir aber großen Spaß und ist damit eine schöne Arbeit.
Wie entstand die Kooperation mit der Pumpe?
Nach den Erfahrungen aus Regensburg habe ich mir gedacht, dass es auch hier wieder schön wäre, das Projekt aus der Uni herauszutragen und habe geschaut, welche Programmkinos es in Kiel gibt. Für das Kino in der Pumpe hat gesprochen, dass es dort schon ähnliche Projekte gibt und dass der Leiter des Kinos, Dr. Eckhard Pabst, selbst Filmwissenschaftler und als Dozent an der Uni Kiel tätig ist. Als ich zu ihm Kontakt aufnahm, war er gleich angetan von der Idee.
Am 30. Januar 2018 findet das „Filmische Philosophieren“ bereits zum dritten Mal in der Pumpe statt. Das Thema lautet „Vorrang der Moral?“. Was wünschen Sie sich für diesen Abend? Und was wird die Gäste erwarten?
Ich wünsche mir viele Besucher und viele angeregte Diskussionen. Die ersten beiden Veranstaltungen im November und im Dezember waren ein großer Erfolg. Ich wünsche mir, dass die Kieler Besucher das Programm weiterhin so gut annehmen. Am 30. Januar werden wir den US-amerikanisch-britischen Film „Locke“ sehen. Der Film ist nicht nur philosophisch, sondern auch ästhetisch und schauspielerisch sehr interessant, da er fast ausschließlich im Auto spielt. Der Film wirft die Frage nach dem Vorrang der Moral auf. Wir werden uns gemeinsam mit dem Gastreferenten Dr. Martin Hoffmann aus Magdeburg fragen, ob moralische Gründe immer oberste Priorität haben und ob der Protagonist das „moralisch Richtige“ tut.
Wird das Projekt in Kiel weitergehen? Wenn ja, welche Themen und Filme sind als Nächstes geplant?
Ja, es soll auf jeden Fall weitergehen. Die Planungen für das Sommersemester laufen bereits. Wir planen beispielsweise einen Film zur künstlichen Intelligenz und einen zur Umweltethik. Ich höre mich gerade viel um und bin offen für weitere Vorschläge. Die Termine stehen jedoch noch nicht fest. Sie werden zum Beginn des nächsten Semesters bekannt gegeben.
Herzlichen Dank für das Gespräch!