Alles andere als Erbsen zählen: Das Ökotrophologie-Studium

„Öko-was?“ Das Studium der Ökotrophologie ist mit vielen Vorurteilen behaftet. Sei es, dass Leute den Namen sofort mit ökologischen Inhalten in Verbindung bringen oder annehmen, Ökotrophologen kochen den ganzen Tag, denken sich neue Rezepte aus und zählen fleißig Kalorien. Dabei steckt noch so viel mehr dahinter. Warum Ökotrophologie-Studenten viel mehr machen als Äpfel schneiden und Erbsen zählen.

Esse ich heute Brot oder Müsli zum Frühstück? Sollte ich vor dem Sport Pizza essen und kaufe ich jetzt die Vollmilch oder doch lieber die H-Milch? Mit solchen Fragen beschäftigen wir uns jeden Tag. Denn wir essen täglich mehrere Mahlzeiten und haben jeden Tag Lebensmittel in der Hand. Ich studiere Ökotrophologie an der Uni Kiel im 5. Semester und auch ich beschäftige mich den ganzen Tag mit Essen. Abseits vom Kochen neuer Rezepte und dem Schreiben von Einkaufslisten. Mich interessieren eher Fragen wie: Welche Bakterien tummeln sich in meinem Joghurt? Was passiert mit dem Protein, wenn es im Magen ankommt? Und mit welcher Ernährung kann ich Krankheiten heilen? Ökotrophologie zu studieren heißt, hinter die Kulissen zu gucken. Ein Blick in unseren Körper zu werfen und hinter den Vorhang der Lebensmittelindustrie.


Die Lehre vom Essen
Ökotrophologen können alles ein bisschen, aber nichts richtig. Dieses Cliché hält sich hartnäckig. Aber es ist eben auch nichts weiter als ein Vorurteil. Der Studiengang der Haushalts- und Ernährungswissenschaften vermittelt Wissen aus vielen verschiedenen Bereichen. Fächer wie Chemie, Physik und Biologie stehen hier genauso auf der Tagesordnung wie Betriebs- und Volkswirtschaftslehre. Wer Ökotrophologie studiert, ist breit aufgestellt. Es ist ein bunter Mix aus Natur- und Wirtschaftswissenschaften, sowie gesellschaftlichen Aspekten. Ja, wir können von allem ein bisschen, aber das öffnet uns auch viele Türen auf dem Arbeitsmarkt. Ökotrophologen sind gerne gesehen in Kliniken und bei Krankenkassen als Ernährungsberater, in großen Unternehmen als Qualitätsmanager oder Produktentwickler, sowie in der Gemeinschaftsverpflegung oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Der wirtschaftliche Bezug im Studium bietet uns sogar Chancen in Managerpositionen oder im Marketingbereich. Das Thema „Ernährung“ ist wichtiger und aktueller als jemals zuvor. Dass heißt auch, dass der Markt wächst und immer mehr „Ernährungsexperten“ gebraucht werden. Ein Universum an Möglichkeiten.


Verständnis für das Alltägliche
Aber warum ausgerechnet Ökotrophologie? Das Thema Ernährung ist allgegenwärtig und ein fester Bestandteil unseres Alltages. Dennoch spielt es oft eine untergeordnete Rolle. Wir sind den ganzen Tag von Essen umgeben, ohne es wirklich wahrzunehmen. Unser Körper verwertet jeden Tag zahlreiche Nährstoffe und wir merken es nicht einmal. Aber gerade das hat für mich den Reiz ausgemacht. Ich wollte mehr über diese alltägliche Sache „Essen“ erfahren, die zugleich die Grundlage unseres Lebens ausmacht. Ich finde es spannend zu lernen, was in unseren Lebensmitteln steckt und was der Körper damit macht. Oder wie ein Betrieb in der Ernährungsbranche funktioniert.


Die Vielfalt des Studiums gibt mir die Chance verschiedene Dinge auszuprobieren und Einblicke in ganz unterschiedliche Bereiche zu bekommen. Für jeden ist etwas dabei und so wird es nicht langweilig. Gerade weil das Studium sehr theoretisch ist, freue ich mich immer, wenn ich Wissen aus dem Studium im Alltag anwenden kann. Und ich freue mich schon darauf, nach dem Studium neue Produkte zu entwickeln oder Menschen durch die richtige Ernährung wieder gesund zu machen.

Die Schattenseiten des Studiums
So begeistert ich von dem Studium auch bin, nicht jeder würde meine Begeisterung teilen. Da wir nicht nur kochen und Erbsen zählen oder den ganzen nur Ernährungspläne erstellen, müssen wir uns mit komplexen biochemischen Vorgängen auseinandersetzen oder uns mit wirtschaftlichen Berechnungen beschäftigen. Das macht nicht immer Spaß und ist auch nicht immer leicht. Wer Ökotrophologie studieren will, muss aber kein Experte in Chemie und Physik sein. Jedoch zumindest ein wenig Interesse für die Inhalte mitbringen. Und da wir nicht nur Äpfel schneiden, müssen wir sehr viel verstehen und noch mehr auswendig lernen. Das nimmt viel Zeit in Anspruch. Neben viel Begeisterung für das Fach, muss man vor allem auch einen starken Willen mitbringen. Aber jedes mal wenn du etwas isst, wirst du es mit anderen Augen betrachten.

von Merle Dölle

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