Ein Paar Schuhe für 250 Dollar kaufen und am gleichen Tag mit einem Gewinn von mehr als 4500 Dollar weiterverkaufen. Klingt zu schön, um wahr zu sein – Ist es aber! „Das macht doch kein Mensch“, wird man sich denken. Doch! – Das machen Menschen. Viele sogar. Das Prinzip hat seinen eigenen Namen: Reselling. Wie es funktioniert und was dahintersteckt erfahrt ihr, wenn ihr weiterlest.
„Resell“ – „re“- für „wieder“ und „sell“ für verkaufen. Wiederverkaufen oder weiterverkaufen. Klingt erstmal einleuchtend. Doch was bedeutet dieses Wort eigentlich?
Die Begriffe „resell“ bzw. „reselling“ werden oft im Rahmen von Streetwear oder Hypebeast-Culture verwendet, also im Bereich von Schuhen und Bekleidung. Im Grunde genommen bedeutet es, dass man etwas zum Herstellerpreis einkauft und das dann mit Gewinn an andere weiterverkauft. Dieser Gewinn kann von wenigen Hundert bis zu mehreren Tausend Euro reichen, abhängig vom verkauften Artikel. Ein Beispiel: Der Schuh „Nike Air Yeezy 2 Red October“ aus der Kollaboration vom US-Rapper Kanye West mit Nike wurde im Februar 2014 für 250 Dollar UVP verkauft. Diejenigen, die das Glück hatten ein Paar davon zu ergattern, standen vor der Entscheidung entweder diesen Sneaker zu tragen oder ihn am gleichen Tag ohne Schwierigkeiten für knapp 5000 Dollar zu verkaufen. Welche Mechanismen stecken eigentlich dahinter? Wie kann es sein, dass ein Paar Schuhe eine solch enorme Wertsteigerung haben und es trotz des exorbitanten Preises Käufer gibt?
Hypebeasts – Die Hauptakteure im Resell-Geschäft
Um zu verstehen, wie Resell funktionieren kann, muss man wissen, was ein Hypebeast ist. Hypebeasts bezeichnen sich Personen, die im Bereich von Streetwear sehr markenaffin sind und sich regelmäßig über die verschiedenen Kollektionen bekannter Hersteller informieren. Dabei spielt neben der Ästhetik auch Exklusivität eine sehr wichtige Rolle. Die Schuhe oder die Klamotten, die man besitzt, sollen nicht nur gut aussehen, sondern es sollte bestenfalls nicht jeder damit rumlaufen (können). Um das zu schaffen, sind Hypebeasts bereit viel Zeit oder viel Geld zu investieren. Oftmals sind diese auch zugleich im Resell aktiv, um sich ihr teures Hobby finanzieren zu können. Hypebeasts bilden von Käufer-, als auch von Verkäuferseite das Rückgrat des ganzen Prinzips des Resellings. Ohne sie würde es das nicht geben.

Kollaboration und künstliche Verknappung
Hersteller wie Nike, Adidas oder Supreme wissen das und sind bemüht regelmäßig mit bekannten Künstlern, meist Rappern, Kollaborationen zu machen. Dadurch, dass diese Produkte im Rahmen der Kollaboration entstanden sind, unterscheiden sie sich vom normalen Sortiment und sprechen dadurch besonders Hypebeasts oder sehr Streetwear-interessierte Personen an. Exklusivität wird dadurch geschaffen, dass sie nur in begrenzten Stückzahlen veröffentlicht werden. Durch diese künstliche Verknappung kann sich nicht jeder das Produkt kaufen, nur weil er das Geld dazu hat. Das wohl bekannteste Beispiel ist die frühere Zusammenarbeit von Kanye West mit Nike und aktuell Adidas. Er brachte zusammen mit beiden Marken vor allem Sneaker raus, die unter dem Namen Yeezys bekannt wurden. Gemeinsam hatten diese Schuhe, dass sie alle begrenzt verfügbar und meist am Tag der Veröffentlichung innerhalb von wenigen Minuten ausverkauft waren, wodurch manch einer leer ausging. So wurde nicht jedes Paar Yeezys dafür gekauft, um an den eigenen Füßen getragen zu werden, sondern mit dem Hintergedanken diese wieder gewinnbringend zu verkaufen.
Wie Reselling funktioniert
Es schlug die Stunde der Reseller. Was im Kopf bei ihnen kurz vor Release passiert: Als erstes musste man sich informieren was und wann veröffentlicht wird. Dabei sollte man als guter Reseller abschätzen können, ob es denn überhaupt eine große Nachfrage nach dem Produkt geben wird. Meist wird Instagram zu Rate gezogen. Seiten, wie yeezymafia, hypebeaststyle oder supreme_leaks_news haben sich ganz der Beantwortung solcher Fragen gewidmet und sind eine gute erste Anlaufstelle. Hat man sich nun informiert und weiß, dass der Artikel „gehypt“ und wahrscheinlich eine große Nachfrage genießen wird, geht es nun darum zu klären, wie man selbst darankommt. Bei den Yeezys von Kanye West mit Adidas gab es in Deutschland folgende Möglichkeiten: Man stellt sich auf der Herstellerwebsite am Release-Datum in eine virtuelle Warteschlange, man meldet sich vorher in bestimmten Online-Shops zu einer Verlosung an, wo man sich das Recht sichern kann, die Schuhe erwerben zu dürfen oder man geht klassisch in bestimmte von Adidas ausgewählte Stores, wobei man sich meist am Ende einer realen Warteschlange schon Stunden vor Ladenöffnung wiederfindet. Das alles garantierte nicht, dass man die Yeezys am Release-Tag auch wirklich erhielt, da viele andere das Gleiche gemacht haben. Sollte man erfolgreich gewesen sein, so stellt sich nun die Frage, wo man Käufer findet. Wichtige Säulen des Resells ist neben eBay Kleinanzeigen die US-amerikanische Website stockx.com. Wie Kleinanzeigen funktionieren ist klar. Man schaltet eine Anzeige und ein Interessent meldet sich daraufhin. StockX unterscheidet sich von diesem Prinzip dadurch, dass diese Website Käufer und Verkäufer automatisch basierend auf dem Preis miteinander verbindet. Als Käufer hat man sofort die Möglichkeit den gewünschten Artikel zu kaufen und als Verkäufer sofort zu verkaufen, wobei die StockX als Mittelsmann agiert. Der Verkäufer erhält sofort sein Geld, der Käufer ist sich sicher, dass er Originalware erhält, da die Website alle Produkte auf Authentizität prüft, bevor sie ausgeliefert wird.
Reselling klingt im Grunde genommen einfach – ist es auch, doch es sind damit auch Nachteile verbunden. Als Reseller genießt man häufig keinen guten Ruf, da man die Preise noch weiter in die Höhe treibt. Weiterhin ist Reselling keine sichere Einnahmequelle, da man sich nicht wirklich sicher sein kann, immer etwas von einer Veröffentlichung ergattern zu können. Hinzu kommt, dass es sehr zeitaufwändig ist, da man einen enormen Rechercheaufwand haben kann.
Reselling ist nicht mehr von Streetwear- und Hypebeast-Culture wegzudenken. Es bleibt ein wichtiger Faktor innerhalb dieser Szene. Was für die einen eine gute Nebenverdienstquelle ist, ist für die anderen ein lästiges Übel, welches es einem noch schwerer macht, an begehrte Sneaker oder Klamotten zu kommen. Resell-Preise orientieren sich nicht immer am Produktwert. Das zeigt sich an manchen abstrusen Beispielen der Vergangenheit.
Supreme verkaufte im Herbst/Winter 2016 für 30 Dollar einen Ziegelstein mit ihrem Logo. Auf StockX wird dieser aktuell für ca. 150 Dollar gehandelt.
Ikea brachte eine Kollaboration mit dem Designer Virgil Abloh im November 2019 raus. Ein Artikel dieser Kollektion war Bettwäsche für 25 Euro. Auf eBay Kleinanzeigen gibt es Angebote für ca. 50 Euro
Nike veröffentlichte im Jahr 2016 Modelle der selbstschnürenden Schuhe aus dem Film „Zurück in die Zunkunft“. Die Kaufpreise dafür in Größe US11 bewegen sich auf StockX zwischen 35000 Dollar und 77000 Dollar
Supreme verkaufte 2015 eine Brechstange für 42 Dollar. Um diese jetzt zu kaufen, muss man ca. 250 Dollar auf den Tisch legen.