Die Hälfte der verfügbaren Praktikumsplätze wurden aufgrund der Corona-Krise gestrichen. Viele Studierende brauchen aber ein Praktikum um ihren Abschluss zu machen oder um im Studium weiter zu kommen. Auch ich habe meht als ein Jahr lang nach einem Praktikum gesucht und dabei Höhen und vor allem Tiefen erlebt. Hier berichte ich von meinen Erfahrungen und ob sich die lange Suche gelohnt hat.
Online-Vorlesungen, Gruppenarbeiten über Skype, Klausuren im Home-Office. Die Corona- Krise hat den Studierenden in diesem Jahr viel abverlangt. Nicht nur durch die Umstellung auf die „digitale Lehre“, auch der Abschluss ist für viele weiter in die Ferne gerückt. Doch was ist, wenn einen nur noch das Praktikum vom Abschluss trennt?
Genau vor diesem Problem stand ich selber noch vor ein paar Wochen. Das Online-Semester hat mich kaum betroffen. Mein letztes Modul hat in Präsenz stattgefunden, die letzten Klausuren habe ich in der Uni statt vor dem Bildschrim geschrieben. Sogar meine Bachelorarbeit durfte ich zum Schluss in der Bibliothek verfassen. Man könnte meinen, ich bin unbeschadet durch das „Corona-Semester“ gekommen, wäre da nicht eine Sache, die mir große Kopfschmerzen bereitet hätte: Alle Klausuren bestanden, Bachelorarbeit abgegeben, aber keinen Praktikumsplatz. Das Pflichtpraktikum in meinem Studiengang stand wie eine große Mauer vor mir, die mich von meinem Bachelor-Abschluss trennte. Die letzte Hürde, die in Pandemie-Zeiten unüberwindbar schien.
Praktikumssuche -ein schwieriges Unterfangen?
Vor über einem Jahr, im Sommer 2019, habe ich mit der Suche nach Praktikumsplätzen begonnen. Ich hatte tolle Vorstellungen, große Ziele und hohe Erwartungen. Ich war neugierig, voller Tatendrang und hoch motiviert. Ich war voller Ideen und habe mich gefreut, mein Wissen aus dem Studium endlich in die Tat umsetzen zu können. Ich wollte gerne verschiedene Berufe kennenlernen und mehrere Praktika in unterschiedlichen Bereichen machen. Das gesamte 5. Semester habe ich damit verbracht, mich zu informieren, nach Praktikumsplätzen zu suchen, Bewerbungen zu schreiben und auf Rückmeldungen zu warten. Mir wurde schnell klar, dass die Praltikumssuche ein schwieriges Unterfangen war, noch bevor Corona überhaupt Thema wurde. Es hagelte Absagen, aber ich war froh, wenn sich überhaupt jemand auf meine Bewerbung meldetete. Ich hatte Vorstellungsgespräche und wieder Absagen oder bis heute keine Antwort. Ich weitete mein Suche aus auf andere Branchen, suchte sogar im Ausland. Ich gab nicht auf, denn ich brauchte dringend einen Platz.
Und dann kam Corona
Am Ende des Semesters hatte ich dann sogar zwei feste Zusagen und habe mich riesig gefreut. Sogar einen Prakikumsplatz im Ausland habe ich bekommen und wenig später auch die Zusage für ein passendes Stipendium. Anfang des folgenden Semester sollte es soweit sein. Ich war erleichtert, endlich was gefunden zu haben und konnte es kaum erwarten, mich endlich Praktikantin zu nennen. Und dann kam Corona. Und wenige Wochen später kam der Anruf: Das Praktikum kann nicht stattfinden. Ich war traurig, aber ich hatte ein bisschen Hoffnung, doch noch ins Ausland fliegen zu können. Einige Tage später wurden die Grenzen zu gemacht, der Flug gestrichen. Und ich war maßlos enttäuscht. War jetzt alles umsonst?
Ende des Sommers ging alles wieder von vorne los. Nicht nur die Zahl der Infizierten stieg wieder und es kündigten sich erneut Konsequenzen an. Auch meine Praktikumssuche nahm wieder Fahrt auf. Doch die verlief, ähnlich wie im Winter, mit noch mehr ernüchternden Ergebnissen. Ich hatte in der Zwischenzeit bei dem Unternehmen nachgefragt, bei dem ich bereits einen Praktikumsplatz sicher hatte. Aber die hielten mich hin: “ Das ist ein zu großes Risiko. Fragen Sie Anfang September nochmal nach.“ Als ich mich Mitte September nochmal meldete erhielt ich jeodch keine Antwort mehr und meine Mails wurden ignoriert. Ähnlich verhielt es sich mit anderen Bewerbungen. Die meisten Unternehmen gaben mir keinerlei Rückmeldung. Auch auf mehrfache Nachfrage nicht. Ich wurde sauer. Was ist so schwer daran, wenigstens eine Absage zu erteilen?

„Wir bitten Sie um etwas Geduld“
Einige Wochen verstrichen ohne eine possitive Rückmeldung. Man könnte auch sagen, ohne jegliche Form von klarer Antwort. Wenn ich mal eine Antwort auf meine Bewerbung in meinem E-Mail-Postfach hatte, dann immer mit dem Hinweis: “ Wir bitten Sie um etwas Geduld.“ Und das war meist das letzte Lebenszeichen einer Firma. Auch ein typisches „Wir melden uns“ bekam ich oft zu hören, auch das entpuppte sich als Lüge. Doch ich hatte langsam keine Geduld mehr. Genau genommen, platzte mir bald der Kragen. Seit mehr als einem Jahr war ich nun auf der Suche nach einem Praktikum. Ich verwendete einen Großeil meiner Zeit und Energie auf die Suche und das Schreiben von Bewerbungen und bin noch keinen Schritt weiter gekommen. Ich war immer noch da, wo ich vor einem Jahr auch schon war. Mittlerweile wusste ich gar nicht mehr, wo ich mich noch bewerben sollte. Alle Unternhemen die in Frage kamen, habe ich schon abgeklappert. Ich fing an mich in anderen Städten umzugucken. War bereit teure Mieten oder lange Arbeiteswege in Kauf zu nehmen. Ich guckte mich sogar in Branchen um, die mich gar nicht interessierten. Hauptsache einen Praktikumsplatz, Oder?
Hauptsache Praktikum?
Das ergab für mich allerdings auch keinen Sinn. Ein Praktikum ist dafür da, Berufe kennezulernen, die einen interessieren. Ich wollte, dass das Praktikum mir was bringt und ich wollte nicht für einen möglichen Beruf, der mir keinen Spaß macht, morgens eine Stunde Zug fahren oder 600 Euro Miete in Berlin zahlen. Die Devise war, so lange suchen, bis ich was passendes gefunden hatte, auch wenn das zwei Monate Leerlauf bedeutet hätte. Bei einem Blick durch meinen Freundeskreis sah es allerdings auch nicht besser aus. Dort herrschte an der Praktikmsfornt bei den Meisten ebenfalls Flaute. Es lag also schonmal nicht an mir.
Praktikum im Home-Office
Es geht wohl vielen Studierenden zur Zeit so. Die Unternhemen haben jeden zweiten Praktikumsplatz wegen Corona gestrichen. Ich fühlte mich von der Wirtschaft im Stich gelassen und auch von der Uni gab es kein Entgegenkommen für Fast-Absolvierende ohne Praktikum. Ich hatte zwar Verständis für die derzeitige Situation in den Firmen, aber wer hilft uns?
Eine Freundin machte ihr Prakitkum komplett im Home-Office. Eine akzeptable Lösung in Zeiten von Corona, aber wollte ich wirklich 24/7 in meinem kleinen WG-Zimmer sitzen und von dort Aufgaben abarbeiten? Ohne jemals im Betrieb gewesen zu sein oder die Kollegen persönlich kennenzulernen? Das wollte ich auf gar keinen Fall. Doch mittlerweile wurde es Novemeber und ich war so verzweifelt, dass ich auch das in Kauf genommen hätte.

Plötzliches Happy End
Mir blieb schließlich nichts anderes übrig, als abzuwarten und zu hoffen. Mit dem guten Gewissen alles versucht zu haben. Doch als ich mich gerade mit der Situation abgefunden hatte, kam der Anruf mit der Frage nach einem Vorstellungsgespräch. Dieses verlief super und ich konnte tatsächlich drei Tage später schon anfangen. Ich war total aufgeregt, damit hatte ich überhaupt nicht mehr gerechnet, schon gar nicht so schnell. Nachdem ich so viel Pech hatte auf meiner Suche, hatte ich jetzt umsomehr Glück: Ich mache ein Praktikum, das mir Spaß macht in Kiel und bekomme sogar Geld dafür. Mein Praktikum ist eine gute Mischung aus Home-Office und Präsenz-Tagen, was für Abwechslung sorgt. Aber jeden Tag Home -Office? Nein Danke. Gerade in Zeiten des Lockdowns bin ich froh morgens aus dem Haus zu gehen und in der Mittagspause mit Kollegen einen Kaffee zu trinken. Besser hätte es nicht laufen können. Ich kann die Mauer endlich einbrechen und in gar nicht mehr so weiter Ferne meinem Abschluss zuwinken. Geduld zahlt sich also doch aus. Wenn ich jedoch eine Sache aus dem letzten Jahr mitgenommen habe, dann auf jeden Fall, wie man perfekte Bewerbungen schreibt.